Full text: Die Baukunst. Das Kunstgewerbe: Bronze, Töpferei, Steinarbeiten, Buch- und Kunstdruck, Stoffe, Lack- und Holzarbeiten, Glas, Glasschmelzen, Horn, Schildpatt, Bernstein und Elfenbein (Band 2)

  
292 Töpferei — Mingzeit 
  
Abb. 426 Hohe Flötenvase mit Mittelwulst 
in antiker Bronzeform; Drachen, Phönix 
und Blumen, fünffarbig, Sammlung Pierpont 
Morgan, New-York, etwa 91 em, Kaiser 
Wanli, 1573—1620 
(Originalaufnahme) 
ganz überzogen. Dieser Umstand wurde 
wohl dadurch bedingt, daß es bei der 
Massenfabrikation nicht üblich war, nur 
tadellose Scherben und Glasuren heraus- 
zusuchen. Die bunten Farben deckten alle 
Brandstellen, Blasen und sonstigen Fehler.!) 
Die Verteilung der Farben auf die 
Fläche gibt ein geschmackvolles und reiches 
Bild wie ein Farbenmosaik. Vorherrschend 
war ein tiefes Blau unter der Glasur, da- 
neben ein kräftiges Smaragdgrün und ein 
volles, stumpfes Rot. Die anderen Farben 
traten zurück. 
Vorwiegend finden wir Pflanzen- 
motive, wie sie die Blaumalerei aus Persien 
mitgebracht hatte, verwendet und ferner 
viele der an chinesischen Blauweiß-Gefäßen 
kennen gelernten Ornamente. Dazu kommt 
eine ganz besonders häufige Anwendung 
von Drachen und Phönixen (Abb. 426). 
Diese langgestreckten, breit und krumm 
geschwungenen Körper waren besonders 
geeignet, bald die ganze Fläche, bald 
schmale Felder je nach Bedarf zu füllen. 
Es gibt kaum ein drittes Tier, das dem ge- 
schickten Handwerker so viel Variationen 
für die Anbringung an jeder freien Stelle 
gestattete. 
In dieser Technik sind auch elegantere 
Arbeiten hergestellt worden (Taf. XII). Die 
geschwungenen Formen sind graziöser, die 
gemalten Bilder der Fläche besser ein- 
gefügt und sauberer ausgeführt, aber die 
Zeit der Herstellung erscheint mir zweifel- 
haft. Schon Bushell hält die Zeitmarke 
des 15. Jahrhunderts für falsch und meint 
das 16. annehmen zu können. Ich glaube 
sogar, daß diese elegante und saubere Aus- 
führung erst der Kanghiperiode angehört. 
Jedenfalls wissen wir aus der Literatur, 
daß Figurenbilder unter Wanli aufgekom- 
men sind, und daher ist es nicht aus- 
geschlossen, daß die Abbildungen den 
Geschmack der damaligen Zeit ungefähr 
illustrieren. 
Die häufige Darstellung der Mandarine 
und des Frauenlebens, die besonders von Deltt 
so zahlreich nachgebildet worden ist, gehört 
erst der Exportarbeit des 17. Jahrhunderts an. In der Wanlizeit handelt es sich 
1) Aus ähnlichen Gründen wurden in Meißen die Insekten und Schmetterlinge 
mitten in die weißen Flächen gemalt, und so aus der Not eine Tugend gemacht.
	        
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