1. Steinarbeiten
Allgemeines
Edelsteine!) sind in China zwar nicht unbekannt geblieben, aber sie
haben niemals die aus der Steinzeit überlieferte Vorliebe für Halbedelsteine ver-
drängen können. Die Freude an den milden Farben, dem matten Glanze und der
Halbdurchsichtigkeit, die man an letzteren schätzte und die wir bei einem Edelstein
als Nachteil betrachten, beeinträchtigte die Schätzung der wirklichen Edelsteine
(Pihsi), als sie wahrscheinlich zuerst durch die Türkvölker und später durch die
Mongolen bekannt wurden. Rote Rubine, blaue Saphire, grüne und gelbe Beryll,
tiefrote Spinell, rosarote und grünlichgelbe Turmalin und andere Arten wurden
aus Zentralasien eingeführt. Ihre Vorzüge der Durchsichtigkeit und des leuchtenden
Glanzes wurden nicht beachtet, überhaupt nicht durch eine technische Behand-
Jung angestrebt. Nur Beryll wird schon 95 n. Chr. von dem arabischen Reisenden
Masudi?) erwähnt; da er selten eingeführt wurde, ahmte man ihn in verhältnismäßig
früher Zeit in Glas nach.
Zahlreich sind die verbreiteten Schmucksteine. Besonders beliebt!)
sind ultramarinblaue Lapislazuli mit schwefelgelben Schwefelkieseinschlüssen,
farbloser Bergkristall, durchsichtiger Amethyst und Rauchquarz, hellgrünes Katzen-
auge, weißer, gelber und rötlicher Calcedon, Achat und Bandachat in verschiedenen
Farben, Avanturin in Rosarot schillernd mit feinen Rissen, die oft künstlich gefärbt
sind, durchsichtiger, grüner oder violetter Flußspat mit farblosen Partikeln. Lapis-
lazuli kam aus Zentralasien, alle anderen Steine kommen in China vor. Türkisen
wurden schon vor 1000 Jahren als Schmuck an Bronzegeräten verwendet. ?)
In den ältesten Geschichtswerken *) wird vom kostbaren Steinbelag der Paläste
mit Jaspis, Jade?) und anderen Steinarten erzählt, und noch heute sind weite Höfe
mit Platten aus weißem Marmor belegt (Taf. I) sowie Treppen und Galeriegeländer
mit reicher Hochreliefarbeit oder durchbrochenen Schnitzereien geschmückt, während
der Hochbau die Verwendung edlerer Steinsorten in den letzten Jahrhunderten nicht
kennt. Die Steinplatten von Gräbern aus den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung
mit flachen Reliefverzierungen (Abb. 90, 96) und die buddhistischen Hochreliefarbeiten
in Felsen (Abb. 83) aus der zweiten Hälfte des ersten Jahrtausends haben wir bereits
1) Wada, Die Schmuck- und Edelsteine bei den Chinesen. Mitteilungen der Ost-
asiatischen Gesellschaft, Bd. X, Heft 1, Tokyo 1904.
2) Yule, Cathay and the way thither. Hakluyt Society 1866, Vol. I, 8. 247.
3) Sitsing Ku Chien, Katalog der Sammlung des Kaisers Kienlung, 42 Hefte, 1774.
Exemplar mit farbiger Handmalerei, offenbar aus der Bibliothek des Kaisers von China;
einige Hefte im Besitz des Völkermuseums in Berlin, andere Hefte zerstreut in Privatbesitz.
Abbildung eines bronzenen antiken Papierbeschwerers in Gestalt eines zusammengekauerten
Vogels, mit Türkisen besetzt.
#) Nach Hirths Übersetzung hat der König Tschönsin (1154—1123 v.Chr.) einen Palast
von einer halben Meile Umfang in sinnloser Verschwendung erbaut und mit Jaspis belegt.
5) Forke, Von Peking nach Ch’ang-an und Lo-yang. Eine Reise in den Provinzen
Shansi, Shensi und Honan. Seminar f. orient. Sprachen, Berlin 1878, Ostasiatische Studien
TI, 1, 8.112 u. ff. „Edelsteinhalle“, „Jadetor“, s. Bd. I, S. 74, 75.