Beginn der Stickerei und Weberei 379
begann man die Kultur des Seidenwurms staatlich zu überwachen und zu fördern.
Bei der Einteilung des arbeitenden Volkes bilden die Frauen, die spinnen und
weben, die siebente Klasse. Es wurde in China Sitte, gewisse Fabrikations-
spezialitäten einzelnen Familien als Monopol zu verleihen. So war unter der Han-
dynastie die Herstellung bestimmter Muster in Seidenbrokat einigen Familien
reserviert. Seide wurde um diese Zeit für verschiedene Gegenden, z. B. in Yüchou
und Pingchou, ein Hauptproduktionszweig.
Aus diesen wenigen Angaben ergibt sich ungefähr so viel, daß zur Zeit um Christi
Geburt Seidenstoffe in verschiedenen Farben in allgemeiner Verwendung waren;
ferner, daß Abzeichen bei Uniformen aufgestickt wurden. Auch geben ausführliche
Berichte genaue Angaben über die Fahnen und Flaggen (s. S. 205) mit unterschied-
lichen Bildsymbolen, die den Seidenstoffen, ebenfalls als Handarbeit mit der Nadel,
hinzugefügt wurden.
Wann das Weben von Mustern aufkam, wissen wir nicht. Jedenfalls
berichtet der Mönch Dyonysius Periegetes!) aus dem Ende des 3. Jahrhunderts,
daß die Serer kostbare, verzierte Stoffe herstellen ‚in Farben wie die Blumen auf
dem Felde und in Feinheit wie ein Spinngewebe“. Dies könnten vielleicht Webereien *)
gewesen sein. Die chinesischen Historiker geben an, daß schon in der frühen Han-
zeit viele der späteren Verzierungen, wie Phönix und Drachen, Vögel und Blumen
in Seide gewebt wurden. Die Kaiser verschenkten schon damals wie noch heutiges-
tags (8. 93) Seidenrollen mit gewissen Mustern, so erhielten im Jahre 238 die
Gesandten der Kaiserin von Japan einige Brokatstücke mit Drachenmotiven.
In den klassischen Büchern werden Embleme auf Fahnen, Flaggen, Zeremonial-
sgewändern u. dgl. wiederholt erwähnt. Auch sollen schon damals ®) die zwölt Symbole
auf dem Staatskleide des Kaisers aufgestickt worden sein: Sonne, Mond, Sterne,
Berge, Drachen, Fasanenpaar, Sakralgefäße, Wasserpflanze, Feuersymbole, Hirse-
körner, Streitaxt und das geometrische Symbol eo Fu. Die Farbe der Ge-
wandung spielt in der klassischen Literatur eine bedeutungsvolle Rolle. Im all-
gemeinen hat selbst der hohe Beamte bis in die moderne Zeit %).einfache Kleider für
den täglichen Gebrauch getragen. Nur an den Festtagen legte er ‚das bunt und
reich gestickte Staatsgewand an. Andererseits waren zu verschiedenen Zeiten be-
stimmte Farben für den Kaiser und den Hof, für gewisse Priestersekten und
bestimmte Raneklassen vorgeschrieben, so daß die Farben und Stoffe der Kleider
Nebenvorstellungen von bedeutungsvoller Art bei dem Volke erweckten. Die Be-
zeichnung des Stoffes in der Litertur soll nicht eine malerische Wirkung hervor-
rufen, auch nicht den Reichtum des Trägers verkünden, sondern- seinen Stand
und Rang, eventuell auch die Handlung als besondere Staatshandlung betonen.
1) Bushell, Chinese art, Bd. II, 8. 9. ;
2) Ku Yingtai (um 1621—27). Po wu yao lan (Allgemeiner Überblick über Kunst-
objekte) unterscheidet (nach Bushell, Chinese art, Bd. II, S. 95) in Heft 12 über Seide,
die Brokate (chin) und die Stickereien (hsiu).
3) Plath, Quellen der alten chinesischen Geschichte, K. Bayr. Akademie der Wissen-
schaften, 1870, 8.58. Im Cap. Y-ti, II, $4, sagt der Kaiser Schün: „ich wünsche die
Embleme der Alten Sonne, Mond und Sterne (auf den Kaisergewändern) zu sehen.“
4) Prandi, Memoirs of father Ripa, translated from the Italian, London 1844
(Aufenthalt in China 1700— 1724), 8. 58: Die Mandarinen kleiden sich stets einfach und
in eintönigen Farben. Sie tragen einen Rock in Violett, Schwarz oder anderen ruhigen
Farben. Rot und Gelb tragen sie niemals, da es verboten und nur der Kaiserlichen Familie
gestattet ist, diese Farben anzulegen. Dieses Verbot galt aber nur in gewissen Perioden.
An Festtagen und an Kaisers Geburtstag tragen sie Kleider mit reichen Goldstickereien,
jenach dem Rang. Militär-Mandarine tragen Drachen und Literaten Vögel auf der Brust
gestickt.