Chinesische Motive — Nadelmalerei 389
Quellen, die uns in Schriften einige Anhaltspunkte geben und Reste von aus China
importierten oder dem Festlande nachgeformten buntfarbigen Stickereien erhalten
haben. Letztere Technik scheint in Japan früher gepflegt worden zu sein als das
Weben von gemusterten Stoffen, das kunstvoller ist und mehr technische Voraus-
setzungen erfordert. Vielleicht war es ebenso in China.
Die Embleme auf den Kleidern, die Flaggen und Fahnen für die Zeremonien
und den Krieg dürften lange Zeit nur gestickt oder gemalt gewesen sein. In Japan
kam die Pflege der Nadelarbeit im 5. Jahrhundert auf, und im folgenden Jahrhundert
kam die Sitte des Kleiderschmuckes in Mode. Auf dem Festlande dürfte die
allgemeine künstlerische Ausgestaltung
einige Jahrhunderte früher begonnen haben,
aber kaum in die vorchristliche Zeit zurück-
gehen, denn die zahlreichen Erwähnungen
in der Literatur beweisen die seltenen
Ausnahmen der Anwendung.
In China waren unter der Suikodynastie
(589—619) zwölf Rangklassen eingeführt,
die sich durch die Mützen in sieben ver-
schiedenen Farben unterschieden. Purpur,
für dessen Herstellung einst die Phöniker
in der ganzen Welt berühmt waren, galt als
das vornehmste, dann folgten Blau, Rot,
Gelb und Weiß. Die Kappe des höchsten
Ranges hatte eine Borde aus Handarbeit
und die folgende war ganz bestickt. Des-
gleichen wurden die Kleider, die nach
Kostbarkeit des Stoffes, des Musters und
© a b
der Farbe von den einzelnen Klassen gr Abb. 568 a Uigurenfürst, bärtiger Mann im
tragen wurden, durch Stickereien verziert. Staatsgewand, mit zackiger Krone, hohen Stiefeln,
a = Gewand mit stilisierten Blumen in Kreisgestalt,
Am wichtigsten und ausschlaggebend in Blau und Weiß auf rotem Grunde, Gürtel mit
für die spätere Entwicklung wurde die Streifen und Hängern, doppelseitiges Hängebild,
5 3 i : 1 m hoch, farbig, auf Leinwand. b Uigurischer
unter der älteren Handynastie beginnende Stifter mit hoher Mütze in Mattgelb mit roten
3 . = 1 = Te Ornamenten, Gürtel mit Hängern, Gewand mit
Sitte, die Säulen ) und besonders die W ände W olkenmuster, braungelb mit hochroten Mustern,
= , 5 fe > Freskomalerei, farbig, 36cm hoch, aus dem Kloster
der Paläste und Tempel mit Stickereien zu Bärskiik bei’ Murteuk
behängen. In Japan kam dieser Luxus erst Originale im Museum für Völkerkunde, Berlin
SE 3 5 Turfan, Chines.-Turkestan, etwa 8. Jahrhundert
wesentlich später auf, aber da es eine Nach- (Aus: Grünwedel, Bericht über archäologische
Arbeiten in Idikutsehari. Bayr. Akademie der
ahmung der chinesischen Sitte war, so Wissenschaften, 1906. Tat XIV, XXL 8)
können wir die dortige Art für das Fest-
land in entsprechend früherer Zeit als maßgebend ansehen.
Unter der japanischen Kaiserin Suiko wurde im Jahre 605 eine 16 Fuß hohe
kirchliche Bronzefigur gegossen und gleichzeitig eine ebenso große Stickerei her-
gestellt. Beide Arbeiten wurden von demselben Künstler ausgeführt. Fragmente
derartiger textiler Kunstarbeiten, allerdings in schlechtem Zustande, sind in japani-
schen Tempeln erhalten.2) Welche Bedeutung mußte den Stickereien damals
1) Auf den turkestanischen Fresken sind viele aufgeraffte Stoffbehänge abgebildet —
noch heute werden Säulen mit Stoffen umhängt, s. Filchner, Ein Beitrag zur Geschichte
des Klosters Kumbum in Tibet, 1906, Taf. 3 u. 5, Säulenhalle des goldenen Dachtempels
mit Stoffbehängen.
2) Abbildung s. Kokka, Heft 83. Schlecht erhaltenes Fragment einer Figuren-
stickerei im Tempel, Yamato, Japan. — Histoire de l’art du Japon, Paris 1900, Fig. 24,
gestickter Vorhang mit Figuren nach Malerei, im Horiuji Tempel, Nara, Japan. Wahr-
scheinlich Ende des 6. oder 7. Jahrhunderts.