Full text: Die Baukunst. Das Kunstgewerbe: Bronze, Töpferei, Steinarbeiten, Buch- und Kunstdruck, Stoffe, Lack- und Holzarbeiten, Glas, Glasschmelzen, Horn, Schildpatt, Bernstein und Elfenbein (Band 2)

Farben — Fabeltiere 19 
  
strichen.!) Somit bedeutete die Heimkehr mit roten 
Trommeln den Sieg und die Herrschaft über den 
Feind. 
In Japan findet sich als Siegel eines kaiserlichen 
Dokumentes der rote Abdruck der in Blut oder Farbe 
getauchten Hand des Kaisers. Es ist anzunehmen, 
daß diese Sitte auch in China bestand und in ihr 
der Ursprung der roten Amtssiegel zu erblicken ist. 
Wahrscheinlich war das Blutsiegel aus viel älteren 
Zeiten übernommen. 
Jedenfalls dürften für die Wahl der roten Farbe 
als Symbol der kaiserlichen Macht diese verschiedenen 
Vorstellungen wichtig gewesen sein. 
Die Säulen werden rot und grün angestrichen, 
oft auch vergoldet und bunt bemalt. Wir werden 
später bei dem Himmelstempel alles in Blau finden, 
das die grüne Farbe der Reinheit ersetzt. Gelb 
und Blau sind auch die Farben, in denen meistens 
die Dächer der Kaiserlichen Paläste und Tempel 
aus dem dunklen Grün der Bäume als Künder der 
Macht und des Friedens (Taf. I) herausleuchten. 
Daneben kommen braune, violette, grüne, rote 
und andere Farben besonders in moderner Zeit vor. Abb. 15  Zweistöckiges Gartentor 
; ö s & $ mit gewölbtem Ziegeldach und hoch- 
Die „Purpur-Stadt“ ist in Peking der Teil, welcher geschwungenen Ecken, Shanghai 
die Kaiserlichen Paläste umschließt und deren Be- ee es 
treten verboten ist. Der Name kommt von der Tose D.. 14 
Farbe der Mauern, die deutlicher als alle Anschläge 
und Plakate die Nähe des Kaisers künden. In der 
hohen Kunst wird diese naive Symbolik nur bei den Kultbildern beibehalten, aber 
in der Architektur ist sie bis zum heutigen Tage von ausschlaggebendem Einfluß 
geblieben. 
Jn der Hanzeit unter westlichem Einfluß hatten wir das Aufkommen der 
Fabeltiere und Delphine als Schmuck des Dachfirstes kennen gelernt 
(Bd. I, 8. 72). Die alten Bronzefiguren sind längst eingeschmolzen und aus 
der Mode gekommen, dagegen ihr Ersatz in glasiertem Ton ist noch heute überall 
in Anwendung (Abb. 7, 9 u.a.). Auf den Felsreliefs (Abb. 2b) finden wir an 
den Spitzen der Giebel den Delphin in ein einfaches Horn umgestaltet. 
Neben den Fabeltieren oder Fabelfischen, die in der Literatur auch als 
Drachen bezeichnet werden, wurden kleine Menschengestalten geformt. 
Diese merkwürdigen Figuren bewahren ihren fremdländischen Charakter, indem sie 
höchst selten in Linie und im Größenverhältnis eine künstlerische Verschmelzung 
mit den Teilen des übrigen Daches erlangen. Sie sind ästhetisch unmotiviert 
und oft recht geschmacklos und kleinlich, bald freistehend aufgesetzt, bald zwischen- 
gefügt. Sie haben offenbar wie die Farben eine rein symbolische Bedeutung, so 
daß weniger ihre ästhetische Schönheit als ihre symbolische Richtigkeit beachtet 
wird. An den künstlerisch besten Bauten fehlen derartige Kleinlichkeiten voll- 
ständig, dagegen an anderen Stellen sind sie oft in überladener Weise an- 
gebracht. 
  
  
  
  
!) Plath, Das Kriegswesen der alten Chinesen. K. bayr. Akad. d. Wissensch. 
Dezember 1872, Phil.-philolog. Klasse, S. 335, zitiert nach Tso-schi. B. 43, f. 14. S,B. 21, 
S. 168. 
 
	        
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