Kleiderstickerei — Symbole — Teppiche — Fabrikation 407
Knüpfteppiche
Teppiche aus Wolle werden schon aus früher Zeit erwähnt und Reste sind
aus der Tangzeit erhalten (Abb. 563), aber sie scheinen sich von den sonstigen
Geweben nur durch den Zweck und durch das stärkere Material, nicht im Muster
unterschieden zu haben. Die Tangmotive sind für Knüpfteppiche nicht verwendet
worden oder außer Mode gekommen, aber die antike Farbenstellung von Dunkelblau
und Dunkelbraun auf tiefgelbem Grunde finden wir bei den modernen Ausführungen
wieder. Auf den Totenbildern (Bd. I, Abb. 315) werden noch heute Teppiche
nach antiken Mustern in gebuchteten Schnörkeln und in lebhaften Farben, unter
denen Blau, Rot, Grün und Gelb auf manganviolettem Grunde hervorsticht, gemalt.
Ein Teppich war ein kostbarer Luxus, da den Belag des. Fußbodens in China
im allgemeinen Felle bildeten, falls überhaupt ein solcher erforderlich erschien.
Marco Polo!) berichtet auf seiner Reise durch das Seldschukenreich Konia
von den „feinsten und schönsten Teppichen der Welt“. Da er gleichzeitig feine
Seidengewebe und andere Stoffe erwähnt, so ist wohl bereits im 13. Jahrhundert
eine besondere Ausführung für den Zweck als Teppich anzunehmen; aber jede
Andeutung von Qualität und Muster fehlt. Bei seinem Aufenthalt im Osten spricht
er nur von Seiden, niemals von Teppichen; es ist daher wohl möglich und wahr-
scheinlich, daß die dicken Wollteppiche wohl im Westen und Zentralasien schon
damals geknüpft wurden, aber erst später im östlichen China aufkamen.
Die chinesischen Teppiche, die heute in Wolle, Kamelhaaren, Seide und mit
Goldfäden und Seide auf dem Markte sind, dürften frühestens in der zweiten Hälfte des
18. Jahrhunderts hergestellt worden sein, vielleicht noch später. Europa und Amerika
haben erst in dem letzten Jahrzehnt?) von diesen Werken chinesischen Kunstfleißes
Kenntnis erhalten, und es erscheint daher sehr unwahrscheinlich, daß zur .Zeit der
Chinoiserie, wo alle möglichen Artikel exportiert wurden, so schöne, praktische und
billige Produkte nicht gleichfalls nach Europa ausgeführt sein sollten, wenn sie
im 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts schon in größerer Anzahl vorhanden
gewesen wären. Auch die sonst so gewissenhaften und ausführlichen Berichte
der Jesuiten und Reisenden hätten sicher der Industrie Erwähnung getan, wenn
sie damals Massenartikel hergestellt hätte.
Im Westen von Asien, besonders in Persien, blühte die Teppichindustrie seit Jahr-
hunderten. Nach alten Berichten soll Tamerlan (um 1400) persische Teppichknüpfer
nach seiner Hauptstadt Samarkand gebracht haben. Andererseits wissen wir, daß
er mit einer chinesischen Prinzessin verheiratet war und an seinem Hof ein starker
künstlerischer Einfluß durch China stattfand. Wir müssen daher die Fabrikation
der Knüpfteppiche in den östlichen Ländern als eine Industrie aus den letzten Jahr-
hunderten annehmen. Chinesische Literatur, die zahlreich vorliegt, ist bisher
nicht übersetzt. Irgendwelche sonstige Anhaltspunkte für die Zeit der Herstellung
einzelner Stücke sind nicht bekannt geworden. Dementsprechend ist die europäische
!) Yule, Ser Marco Polo, Bd. I, $S.43. Die mohammedanischen Turkomanen sind
Hirten, während die Armenier und Griechen in Städten und Dörfern Teppiche und
Seidenstoffe weben.
?) Nach Angabe von Larkin erwachte das eigentliche Interesse 1908, als bei einem
Verkauf der American art association in New-York hohe Preise erzielt wurden.