414 Lack- und Holzarbeiten
Ebenso ist die schr alte Schalenform mit rundem Deckel auf hohem Fuß (Tou),
die bereits als Schriftzeichen (Abb. 544) vorkomnit, ursprünglich aus Holz gewesen,
wenn nicht die Holzausführung schon die Nachbildung einer noch älteren Tonform war.
Das Bestreben, das Holz gegen Zeit und Gebrauch widerstandsfähiger zu machen,
führte zur Erfindung von Schutzschichten durch Farbe und Lack. Bogen und
Wagen sind wahrscheinlich die ältesten Lackarbeiten. Auch scheinen die gelackten
Haarkappen schon in vorchristlicher Zeit als Zeremonialkappen in Mode gewesen
zu sein.
Der chinesische Lack ist kein kompliziertes Kunstprodukt, sondern der natür-
liche Saft des Lackbaumes, der beim Anschneiden der Rinde herausfließt. Du Halde!)
sagt: „Der Ferniß, den die Chinesen Tsi nennen, ist nichts andres als ein rötlicher
Gummi, der aus gewissen Bäumen hervordringt, wenn man in die Rinde derselben
einen Einschnitt bis aufs Holz gemacht hat; doch ohne die Rinde völlig abzulösen.“
„Dergleichen Bäume findet man in den Provinzen Kiang sı und Setehuan. Die-
jenigen aber, die bei Kan tcheou, welche Stadt an den äußersten Mittagsgränzen der
Provinz Kiang si lieget, wachsen, geben den allerbesten Ferniß.“ Die Lackgewinnung
und Zubereitung schildert du Halde sehr ausführlich, Das gleiche Verfahren ist
noch heute in Anwendung und dürfte schon vor etwa 2000 Jahren geübt worden sein.
Für die Verarbeitung gibt die gleiche Quelle zwei Arten an: „Die erste und
einfältigste Art ist, wenn man ihn unmittelbar auf das Holz bringet. Wenn dieses
poliert worden, so überstreicht man es zwey bis drey mal mit einem gewissen Öl,
welches die Chinesen Tong yeou nennen. Wenn dieses trocken worden, so wird es
abermals zwey bis drey mal mit Ferniß überleget. Er ist so durchscheinend, daß
man alle Adern des Holzes dadurch sehen kann. Will man die Materie verbergen,
die man überfernißt hat, so vervielfältigt man die Lagen des Ferniß, welcher den
Körper alsdann so glänzend macht als einen Spiegel. Wenn die Arbeit abgetrocknet,
so mahlet man allerhand Figuren, Blumen, Menschen, Vögel, Bäume, Thiere, Berge,
Palläste u. s. f. darauf, welche man abermals mit durchsichtigem Ferniß überziehet,
wodurch sie einen ungemeinen Glanz erhalten.“ |
„Die andere Art, den Ferniß aufzutragen und die nicht so einfältig ist, er-
fordert mehrere Zubereitung; denn es muß erst ein Anstrich von Mastrix zu Grunde
gelegt werden; darauf macht man aus Papier, Flachs, Hanf, Kalk und andern wohl-
geschlagenen Materien einen steifen Überzug über das Gefäß, welches sehr genau
und fest anschließen muß. Darauf streichet man das vorgedachte Öl zwey bis drey
mal, und wenn es trocken worden, folgen einige Striche Ferniß. Ein jeder Künstler
hat hierin sein eigenes Geheimnis, der seine Arbeit weniger oder mehr vollkommen
macht, nachdem er mehr oder weniger Geschick hat.“
Der Saft des Lackbaumes (Rhus vernicifera) hat die Fähigkeit, so widerstands-
fähig zu werden, daß Seewasser und kochendes Wasser ihm nichts anbaben können.
Doch dürfen nicht weniger wie drei Schichten übereinander gelegt werden. Bei
feineren Arbeiten können bis zu achtzehn Schichten aufgetragen werden, so daß
der Lack eine dicke Masse bildet, die vor der Erhärtung ganz leicht geschnitten und
graviert werden kann. Es ist darauf zu achten, daß bei jedem neuen Lacküberzug
der vorhergehende ausgetrocknet ist. Die Arbeit geht daher nur langsam vonstatten.
Die Hauptkunst besteht in der Verzierung. Eine dünne Lackschicht ist, wie
wir oben sahen, durchsichtig, und bei allen älteren Arbeiten dürfte nur die Lack-
schicht über die darunter liegende Malerei aufgetragen sein. Bei genügender Glättung
der dünnen Schicht erhöht sich die Wirkung der Malerei und schützt sie zugleich.
1) J.B.dw Halde, Ausführliche Beschreibung des Chinesischen Reichs und (der
großen Tartarey, Aus dem Französischen mit Fleili übersetzet, Rostock, 1747, Bd. Il
S.205ff. Vom Chinesischen Ferniß, dessen Beschaffenheit und verschiedenem Gebrauch.
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