Wurmranke — Dekor 463
lassen. Im 12.
Jahrhundert ver-
stand man tat-
sächlich ın China,
nach allem, was
wir bisher kennen
gelernt haben,
weder die Tech-
nik der Emaille,
noch waren die
für sie typischen
Rankenmuster
und Farbenzu-
sammenstellun-
gen bekannt. Die
in Farben und
Mustern ganz ab-
weichende ältere
Tangtechnik des
Zellenschmelzes
war völlig ver-
loren und ein
Aufleben nach
allen vorliegen-
den Berichten
ganz ausgeschlos-
sen. Es ist daher Abb. 644 Räuchergefäß, kugelförmig mit Deckel, zwei Drachen als Henkel, drei
Fische als Füße, farbiger Zellenschmelz, 41 em hoch, im South Kensington Museum
mit Falke anzu- a London, Marke: Ching Tai, 145056
s us: Bushell, Chinese art, Bd. II, Fig. 86)
nehmen, dab die re
westasiatische
Zellenschmelztechnik auch die oströmische Ranke nach China gebracht hat, wo sie
zum Wurmmuster, aus abgeschnittenen und beliebig zusammengewürfelten Ranken-
endehen, ausartete. In der Mingzeit wird dieses bequeme Füllornament sehr beliebt
und fand auch bei anderen Techniken, wie der Porzellanmalerei (410, «) und der
Seidenweberei (Abb. 571), Eingang.
Dieses Unikum einer datierten Schmelzarbeit aus dem 12. Jahrhundert gibt
uns den exakten Beweis für das, was wir aus dem Studium der Ornamentik ebenfalls
erkennen können, nämlich daß die für die chinesischen Emaillen charakteristischen
Muster und Farben mit der Technik zugleich vom Westen eingeführt wurden und
keine östlichen Erfindungen sind. Eine bestimmte Gegend Westasiens, in der die
Schüssel hergestellt ist, konnte noch nicht festgestellt werden. Jedenfalls, da kein
östlicher Einfluß anzunehmen ist, entstammt diese einzigartige Schale einer Hand-
werkerzunft, die als Vermittler von Konstantinopel nach China angesehen werden
kann. Das Dekor der Schale ist eine lokale, westasiatische Ausgestaltung der ost-
römischen Kunstsprache, die nach China drang und dort, ihres letzten Restes
westlicher Anklänge entkleidet, unter gleichzeitiger Hinzufügung chinesischer
Motive und Auffassung einen neuen, eigenen Stil schuf.
Wir fanden auf der Schüssel (Abb, 641) die Fläche mit einem echt chinesischen
Motiv, dem Phönixpaar, gefüllt, und ebenso chinesisch ist. das naturalistische
Pflanzendekor des Untergrundes der Fläche. In Anpassung an die neue Technik
wurden Formen der bronzenen Kultgefäße mit Zellenschmelz überzogen. Im Zeitstile
des 15. Jahrhunderts ist die monumentale Wucht der antiken Form in spielerische