Full text: Die Baukunst. Das Kunstgewerbe: Bronze, Töpferei, Steinarbeiten, Buch- und Kunstdruck, Stoffe, Lack- und Holzarbeiten, Glas, Glasschmelzen, Horn, Schildpatt, Bernstein und Elfenbein (Band 2)

  
40 Paläste und Tempel 
  
Marmorgeländern stehen, den acht- 
zehn Provinzen entsprechend, acht- 
zehn große dreifüßige Gefäße, als 
Nachahmung der einstigen neun hei- 
ligen Opfergefäße. Daneben stehen 
zwei Kraniche auf Schildkröten aus 
Bronze, als Symbol der Kraft und des 
langen Lebens, marmorne Sonnenuhr 
und Scheffelmaß als Symbole desMaßes 
der Zeit und der Quantität. Es ist 
die große Audienzhalle des Kaisers,“ 
  
  
  
Abb.51 Mittlere Audienzhalle, Chunghotien, mit fünf- ; : . 2 \ : 
teiligem Zugang und vierseitigem Ziegeldach mit Knopf- £ Die mittlere Audienzhalle, Chung- 
abschluß, im Kaiserpalast Peking hotien (Abb. 51), ist wegen ihrer alten, 
A M Ein Tagebuch in Bildern 
ee, edlen Form besonders zu beachten. 
Es ist eins der seltenen Werke der 
Mingzeit. Die volle Schönheit des Baues können wir erst verstehen, wenn wir 
spätere Arbeiten zum Vergleich herbeiziehen. Kienlung hat z. B. nach alten Motiven 
die Halle der Klassiker, Piyungkung, innerhalb der Nationaluniversität errichten 
lassen (Abb. 52). Beide Hallen haben !sechs Säulen vorne und das leuchtende, 
schwere Ziegeldach in gebuchteter Form mit rundem Knopf; der spätere Bau ist 
zweistöckig und hat noch eine Veranda. Welche vornehme Ruhe in der Silhouette 
des Mingbaues, wie klingen Dach und Säulen harmonisch zusammen, dagegen wie 
plump sind die Verhältnisse der Mandschuhalle; die Spannung zwischen den Säulen 
ist zu weit, der goldene Knopf auf dem Dach zu klobig, die Dächer zu massig. 
Von vielen hundert Europäern sind während der Kriege die Gebäude der Kaiser- 
stadt besichtigt, immer die gleichen hübschen Ansichten sind photographiert, aber 
kein Kunsthistoriker Europas hat die Architektur studiert, keine fachgemäßen 
Spezialaufnahmen sind gemacht. Was Europa und Amerika versäumt, hat Japan 
wenigstens teilweise getan und ein ausführliches kunsthistorisches Werk über den 
Palast veröffentlicht. *) Die japanische 
Kunstkritik ist über die Einzelaus- 
führung oft sehr absprechend. Da 
bisher alle fachmännischen Materialien 
zur Kontrolle fehlten, so scheint es 
mir wichtig, die japanische Kritik an 
dieser Stelle abzudrucken. 
Die Balken der Holzkonstruktion 
sind — nach Angabe der Japaner — 
aus rohem, ungeglättetem Holz, das 
mit einem Stoff und dann mit einer 
harten Erdschicht von etwa 4 mm 
Dicke überzogen ist. Hierauf ist eine 
Schicht Permanentweiß gelegt, auf das 
erst die Ornamente gezeichnet und 
mit bunten Farben”ausgelest wurden. 
2) Ogawa, Decoration of palace buil- 
dings of Peking. Report of college of 
engineering imperial University of Tokyo, 
Nr. 1 Tokyo 1906. 80 Tafeln in 3 Quer- Abb. 52 Kaiserliche Halle der Klassiker, Piyungkung. 
foliobänden, 1 Band in farbigen Tafeln. mit fünfteiligem Säulenzugang und vierseitigem Doppel- 
Gesamtansichten und auch viele Einzel- dach mit Knopfabschluß, . Nationaluniversität, Peking, 
s 18. Jahrhundert 
studien. (Aus: v. Mumm, Ein Tagebuch in Bildern) 
  
  
  
 
	        
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