Full text: Die Baukunst. Das Kunstgewerbe: Bronze, Töpferei, Steinarbeiten, Buch- und Kunstdruck, Stoffe, Lack- und Holzarbeiten, Glas, Glasschmelzen, Horn, Schildpatt, Bernstein und Elfenbein (Band 2)

  
  
48 Paläste und Tempel 
Neben dem Tempel ist ein offener Altar auf einem Hügel mit dreifacher 
Marmorbalustrade und Treppen und weiter ein gleichartiger, aber wesentlich 
srößerer Altar, der ebenfalls mit drei reich gegliederten Marmorbalustraden und 
Treppen geschmückt ist. Dort auf der Spitze des Bergaltares unter freiem 
Himmel steht der Kaiser, allein und hoch über allen anderen Menschen, die 
nach ihrem Rang auf den Balustraden verteilt sind, und bringt die heiligsten, nur 
ihm erlaubten Opfer dar. 
Das Innere der Tempel ist meistens sehr einfach. Wir sehen (Abb. 65) die 
runden Säulen auf flacher Platte die Kassettendecke tragen. An den Wänden sind 
weitläufige Landschaften gemalt, und in der Mitte stehen handwerksmäßig ge- 
schnitzte Figuren. Eine recht nüch- 
terne Halle für ein Gotteshaus. 
Ein Unterschied zwischen dem 
Tempel der konfuzianischen, bud- 
dhistischen oder taoistischen Lehre 
besteht eigentlich nicht. Stets ist 
dasselbe architektonische Schema 
für den Hallenbau gewählt. Nur 
im Innern sind andere Fisuren: 
Laotze mit den acht Unsterblichen, 
Buddha mit seinen Lohans oder 
Konfuzius mit seinen Schülern. Die 
technische und künstlerische Auf- 
fassung der Figuren ist wiederum 
die gleiche. Auch die mohammeda- 
nischen Moscheen passen sich dem 
nationalen Schema an, nur arabische 
Buchstaben kommen als Ornamente 
vor, aber kein Minarett und keine 
Kuppel. Die älteste Moschee wurde 
629 in Kanton (s. Bd. I, S. 19) 
gegründet, aber nach emem Brande, 
1341, neu gebaut und 1699 voll- 
Abb. 67 Wanddekoration in Relief im Palast von Lihung- ständig restauriert. 
shang in Pantingfu, modern = . ei 
(Aus: Wegener, Zur Kriegszeit durch China) Die Aufnahme einer sehr eigen- 
artigen Wanddekoration (Abb. 67) 
verdanke ich Wegener, aber die 
näheren Angaben über Alter, Technik und Bedeutung fehlen. Wahrscheinlich ist 
es eine moderne Arbeit. 
Zwei Meilen westlich von Peking ist der fünftürmige Tempel, 
Wutasse (Abb. 68), gelegen, der als ein Fremdling in der chinesischen Architektur 
erscheint. Unter Kaiser Yunglo (1403—1424) kam Pandita, ein Hindupriester 
von hohem Rang aus Indien, nach Peking und schenkte dem Kaiser goldene 
Statuen von den fünf Buddhas und ein Steinmodell von dem heiligen Tempel, 
dem „Diamant-Thron,“ der an der Stelle in Indien errichtet ist, an der Sakyamuni 
seine Buddhawerdung erwartete. Der Kaiser ließ in Dimensionen und Aus- 
führung genau nach dem indischen Vorbilde den Tempel errichten; er wurde 1413 
vollendet. 
Im indischen Stile ist das Hauptgebäude von einer geschnitzten Stein- 
umzäunung umgeben. Der massive viereckige Unterbau ist etwa 16 m hoch 
und hat in fünf Reihen übereinander zahlreiche Marmorreliefs von Buddhas in 
Nischen. Durch einen gewölbten Eingang tritt man in ein Tonnengewölbe, in dem 
  
 
	        
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