III. Grabmonumente
Die gewaltigen Grabbauten mit ihren Erdhügeln oder Steinpyramiden, mit ihren
Steinkammern und Gängen hatten wir aus der ältesten Zeit kennen gelernt (s. Bd. I,
Abb. 9-12). Dieser Stil blieb für die Fürstengräber im Grundschema beibehalten,
aber er wurde durch eine Reihe von Nebenbauten bereichert. Die Herstellung
von lebensgroßen Figuren aus Bronze und Stein hatten wir in der Hanzeit unter
griechisch-römischem Einfluß (Bd. I, 8. 74-76), und die Säulenhalle, Gedenk-
tafeln und Ehrenbogen als Einzelteile des indisch-chinesischen Stiles betrachtet.
Alle diese Grundelemente sind bei den Kaisergrabbauten der letzten Dynastien
kombiniert.
Die weltlichen Bauten, Kaiserpaläste und Tempel aus älterer Zeit sind vernichtet
oder verkommen, aber das ganze Reich ist mit Grabdenkmälern aller Art übersät.
War der Hochbau für die Lebenden unsolide und aus vergänglichem Material, so
wurden die Totenbauten aus Erde und Stein für die Ewigkeit errichtet. Sind die
Paläste in der Nähe des Menschentrubels an den Handelsstraßen im dichten Verkehr,
so sind die Totenplätze in stiller, einsamer Natur. Über die älteste Vorstellung
von der Seele in China sind wir völlig im Dunkeln‘). Den ersten Anhalt gibt
Konfuzius, indem er jeden Gedanken über das Leben nach dem Tode abweist.
Er sagt: „Solange man noch nicht einmal das Leben kenne, kann man über den
Zustand nach dem Tode nichts sagen.“ Man ehrte die Götter, aber hielt sich von
ihnen fern; es blieb unbestimmt, ob die Toten etwas von den dargebrachten Opfern
hatten. Trotz dieser Ablehnung jeder spekulativen, übersinnlichen Idee, gehört
auch bei ihm die Beerdigung, sowie das Totenopfer in geziemenden Formen zu
den wichtigsten Pflichten der männlichen Nachkommen.
Der Totenkult ist bei Konfuzius nicht eine religiöse Anschauung, sondern
eine ethische Verpflichtung. Nicht sollen besondere Vorteile für die Hinterbliebenen
durch die gütig gestimmten Geister der Verstorbenen erreicht werden. Wie bei
Lebzeiten der Sohn gegen Eltern, gleichgültig wie diese sind, Verpflichtung zur
Pietät hat, so auch besteht nach dem Tode die absolute Verpflichtung, die Begräbnis-
riten in ehrerbietiger und vollständiger Weise zu vollziehen, ‚wie in der Gegenwart
der Abgeschiedenen‘“. Diese Bräuche sind notwendige Ergänzungen der kindlichen
Ehrfurcht, um der Familienorganisation, auf welche das ganze Staatswesen fundiert
ist, eine über Leben und Tod des einzelnen Repräsentanten übergreifende Stabilität
zu verleihen.
Außerdem spielt die Idee hinein: „‚Die Gegenwart ist mit tausend Fäden an die
Vergangenheit geknüpft, verdankt ihr unendlich viel. Die Vergangenheit ist reprä-
1) De Groot, The religious system of China: Leiden, Book I, Disposal of the dead.
Part III, IV. The Grave. — Wilhelm, Totenbräuche in Shantung, Mitteilg. Ostasiat.
Ges. f. Natur- und Völkerkunde, Bd. XI, 1907.