1034 Lehre vom Licht.
Als Hauptschnitt hatten wir eine Ebene definirt, welche durch die kristallographische
Axe und die kurze Diagonale der natürl. Seitenflächen gelegt werden kann. Wir
können nun aber allgemeiner jede durch die Axe gelegte Ebene Ha uptschnitt
nennen, da sich zeigt, dass alle die gleiche Eigenschaft haben, dass in ihnen
einfallendes Licht, auch bei der Doppelbrechung in ihnen bleibt.
h. Optisch einaxige Kristalle.
Lassen wir einen Strahl in einem Hauptschnitt auffallen, aber unter verschiedener
Neieung gegen die Axe, und bestimmen jedesmal die Brechungsexpon. beider
entstehenden Strahlen, so zeigt sich, dass der Brechungsexpon: des ordin. Strahls
für alle Neigungen konstant ist, z. B. beim Kalkspath = 1,654, dass er aber für
den extraordin. Strahl von der Neigung abhängt. Und zwar ist er beim Kalkspath
am kleinsten, = 1,483, wenn der Strahl L zur Axe durchgeht; er nimmt zu, je
kleiner die Neigung wird, und wenn der Strahl parallel der Axe durchgeht, so wird
er ebenfalls — 1,654 — dem des ordin Strahls. In Richtung der Axe haben also
beide Strahlen die gleiche Geschw.; deshalb findet auch in dieser Richtung keine
Doppelbrechung statt. Solche Richtungen bezeichnet man als optische Axen,
und nennt Kristalle, die eine derartige Richtung besitzen, wie der Kalkspath, optisch
einaxige Kristalle. Bei ihnen fällt die optische Axe zusammen mit der
kristallographischen. In allen Richtungen um die Axe herum verhalten sich die
Strahlen. sobald sie dieselbe Neieung vesen die Axe haben, identisch; um die Axe
herum ist also alles symmetr. angeordnet.
i. Wellenfläche einaxiger Kristalle.
Wir haben schon vielfach von den Wellenflächen zu sprechen gehabt, und
eine solche definirt als eine Fläche, die durch die Endpunkte von Linien gelegt
werden kann, welche nach allen Richtungen von einem Punkte aus gezogen sind,
und deren Länge proport. der Fortpflanzungs-
Geschw. des Lichts in dieser Richtung
ist. In den Kristallen können in jeder
Richtung 2 verschiedene Strahlen sich be-
weeen, die Wellenfläche wird also aus zwei
Schalen bestehen müssen. Sie entstehen
durch Rotation einer Kurve um die Axe,
i um welche herum Alles symmetrisch ist.
ER 980. Die Wellenfläche für den ordin. Strahl ist eine
Kugel, die für den extraordin. ein Rotations-
Ellipsoid.
Es giebt zwei Arten einaxiger Kristalle; bei den
einen, wie dem Kalkspath, dem Turmalin, dem
Smaragd, ist der Brechungsexpon. des extraordin.
Strahls im Maximum = dem des ordin., man
nennt sie negat. oder repulsive Kristalle; bei
andern, wie Quarz, schwefelsaur. Kali, Eis, ist
Fig. 995.
der Brechungsexpon. des extraordin. Strahls grösser
als der des ordin., im Minimum ihm gleich;
solche bezeichnet man als positive oder attraktive.
Bei erstern. Fie. 995, besteht die Wellenfläche aus
einer Kugel und einem umschriebenen abgeplatteten
Rotations-Ellipsoid, bei letztern aus einer Kugel und
einem eingeschriebenen verlängerten Rotations-Ellipsoid.
Wir haben früher gesehen, dass die Kenntniss
der Wellenfläche mittels des Huyghens’schen Prinzips
den Verlauf der Strahlen grafisch zu finden gestattet.
In Fie. 996 ist diese Konstruktion ausgeführt für die
Fälle, dass natürliches paralleles Licht im Haupt-
schnitt auf einen Kalkspath 1 oder schräg fällt;
es bedeutet A die Richtung der Axe, BC die Wellen-
ebene des einfallenden Lichts, o und e das ordin. und extraordin. Strahlenbündel
nach der doppelten Brechung. Die Figuren werden ohne weiteres verständlich sein,