Full text: Hülfswissenschaften zur Baukunde (Abtheilung 1, Band 1)

     
  
   
   
  
  
  
  
    
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
   
  
   
   
  
  
  
  
     
  
  
   
  
  
  
  
  
  
   
  
  
   
    
   
   
   
    
   
  
  
   
  
    
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
1150 Grundzüge der Meteorologie. 
O0. nehmen. Die deutsche Seewarte empfängt Telegramme von mehr denn 
100 Stationen Europas. Neuerdings hofft man durch eine Kabel-Leitung über 
Island und Grönland den Nord-Westen aufzuschliessen und Anschluss an Amerika 
zu gewinnen. 
Die Gründung der deutschen Seewarte geschah speziell mit der Absicht zur 
Förderung maritimer Interessen und für den Zweck des Schutzes der Küsten. 
Darnach bezogen sich die Studien der Seewarte besonders auf diejenigen 
3eobachtungs-Elem., welche mit der Aenderung der Windrichtung, und 
Stärke, bezw. mit der „Sturmgefahr“ in.engster Beziehung stehen. 
Der Zuschnitt der ganzen Organisation meteorologischer Institute ist 
entsprechend dem der Seewarte, auch an solchen Orten den- Erfahrungen der 
Sturmwarnungs-Stationen nachgebildet, wo andere bisher wenig berücksichtigte 
Beobachtungs-Elem. in Frage kommen. Vor allem sind die Beobachtungen 
der Wolkenformen, des Wolkenzuges und deren Beziehung zur Witterungs- 
Gestaltung noch wenig erforscht, obwohl die Wolkenformen und die Zug-Richtungen 
der Wolken im engsten Zusammenhange zur Regenbildung stehen. Es wird die 
Aufeabe der binnenländischen Stationen sein, solchen Beobachtungs-Objekten be- 
sondere Aufmerksamkeit zu schenken und sowohl g„enügende Mittel für die 
Beobachtung, als auch für die wissenschaftliche Verwerthung des in sich selbst 
todten Stoffes aufzuwenden. Denn Neues wird auf dem Gebiet der Wetterkunde 
nur durch emsigees Forschen, nicht aber durch Zufälliekeiten und kleine Unter- 
suchungen gefunden. Weil grosse Länderstrecken und mühevolle Statistik in Frage 
kommen, sind Privatmittel unzureichend. 
Sprieht man von der „Bahnrichtung der Depressionen“ und der „Wetter- 
Reihenfolge“, die durch den Vorübergang einer Depr. veranlasst wird, so klingt 
dies zwar fasslich, und erscheint die Aufstellung der Proenose leicht; doch ist dem 
in Wirklichkeit nicht so. Die Veränderlichkeit der Witterung ist ausserordentlich 
gross: die Depr. bewegen sich nicht stetig, sie machen Winkelzüge, bleiben 
plötzlich still auf einem Flecke liegen, eilen am nächsten Tage schnell vorwärts, 
erweitern sich, verschwinden, entwickeln Theilgebilde. Ja in einem und demselben 
Depr.-Gebiete, dessen Luftdruck sich kaum geändert hat, herrscht zu verschiedenen 
Zeiten ganz verschiedenes Wetter. 
Um in das Chaos der möglichen Witterungs-Kombinationen eindringen zu 
können, bedarf es einer ausgedehnten Statistik, eines systemat. geordneten Materials, 
welches zu jeder Zeit schnell durch Nachschlagen dasjenige Wetter finden lässt, 
welches bei einer gewissen früheren Wetterlage gefolgt ist. Die Aufstellung guter 
Prognosen erfordert daher ein umfassendes Wissen eine: scharfe Zereliederung des 
Wissens, feine Beobachtung, Vorstellungskraft und ein gutes Gedächtniss, wie auch 
die übersichtliche Zusammenstellung des empir. Hülfsmaterials; d. h. es handelt 
sich um Fertigkeiten und Kenntnisse, die nur in einer Reihe von Jahren gewonnen 
werden können. 
Gute Prognosen sollen an Zeitbestimmungen wenn thunlich Anfang, und event. 
Dauer des zu erwartenden guten oder schlechten Wetters enthalten. Die Trae- 
weite der Prognose muss sich den wahren Verhältnissen anpassen, und in solchen 
Fällen sich über eine grössere Zeitspanne ausdehnen, wo die Wetterlage eine klar 
hervortretende ist. Auch erscheint es zweckmässie, den Wahrscheinlichkeitserad 
des Eintreffens der einzelnen Angaben unmittelbar diesen beizufüsen, u. zw. 
etwa in den 3 Formen als: „sehr wahrscheinlich“, „wahrscheinlich“, „halb wahr- 
scheinlich“. 
II. Erfahrungsmässiges Wissen. 
a. Wetter -Indizien. 
a. Das Barometer. 
Das wichtigste Instrument des Meteorologsen ist das Barometer. Sein Fallen 
bedeutet die Annäherung einer Depression mit Regen und Wind, sein Steigen 
gewöhnlich demnächst besseres Wetter. Doch ist es nicht möglich, aus dem Stande 
oder dem Gange des Barom. allein das kommende Wetter vorher zu sagen, wenn 
nicht andere Elemente der Beobachtung zu Hülfe genommen werden.
	        
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