Full text: Hülfswissenschaften zur Baukunde (Abtheilung 1, Band 1)

  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
292 Grundzüge der Baurechts- und Baupolizei-Wissenschaften. 
buch eintragen zu lassen, kann nur in Form der Vormerkung und durch Vermittelung 
des Gerichts zur Ausübung gelangen. Nachdem man sich durch eidesstattliche 
Versicherung die Leistung der Arbeiten und Materialien - Verwendung in das 
Grundstück, sowie die Angemessenheit der Forderungs-Beträge hat beglaubigen 
lassen, reicht man. den Antrag auf Bewilligung einer Vormerkung bei dem Prozess- 
Gericht ein, dessen Bewilligungs-Beschluss sodann dem Grundbuch-Richter mit dem 
Ersuchen um Eintragung übergeben wird.!) 
VI. Beschränkungen der Bau-Freiheit. 
Litteratur: Grein. Baurecht nach den Vorschrtften des Allg. Landrechts (1863). Müller. 
Das Baurecht in den landrechtl. Gebieten Preussens (1883). Raschdorf. Das Baurecht in der 
preuss. Rheinprovinz (1869. Förtsch u. Caspar. Elsass-Lothringisches Baurecht. 
Die Werke von B. Hilse, Jäschke, Kletke, v. Rönne, Arndt u. A. enthalten nur mehr oder 
weniger gründliche Zusammenstellungen der Gesetzes-Texte. Dasselbe gilt von den für einzelne 
Städte, Provinzen, Länder erschienenen sogen. Baurechten. Recht brauchbar ist das „Repertorium des 
Baurechts u. der Baupolizei“ von Döhl, so weit es nicht durch die neuere Gesetzgebung veraltet ist 
a. Die Bau-Freiheit. 
a. Begriff. 
Das Recht zu bauen ist ein Ausfluss des Eigenthums an Grund und Boden, 
d.h. der unumschränkten Herrschaft der Person über denselben. Grundsätzlich 
ist dasselbe frei und unbeschränkt. Wie aber jede Sonderfreiheit ihre natürlichen 
Grenzen an den schuldigen Rücksichten auf die Freiheit der Nebenmenschen findet, 
die Unumschränktheit des Einen durch die Ausschliesslichkeit des Andern bedingt 
und beeinflusst ist, so muss auch die Freiheit zu bauen aufhören, sobald und so- 
weit sie entweder zum Eingriff in die Freiheits Sphäre Anderer sich gestaltet und 
dadurch deren wohlerworbene Rechte kränken, oder die schuldigen Rücksichten auf 
das Alleemeinwohl und die öffentliche Ordnung ausser Acht lassen würde. Dem- 
oeemäss findet die natürliche Bau-Freiheit ihre ebenso natürl. Grenzen in der Kollision 
mit: a. den öffentlichen Interessen, b. den Sonder - Berechtigungen Dritter, vor- 
nehmlich der Nachbarn. Dieselben äussern sich bald in dem Verlangen, dass etwas 
eethan werde, bald in der Forderung, beabsichtigte Handlungen zu unterlassen 
Diese sich in Geboten oder Verboten äussernde Nothwendiekeit im Gebiete der 
Bau-Freiheit macht den Inhalt des Baurechts imengeren Sinne aus. 
f. Grenze zwischen Baurecht und Baupolizei. 
Schwierigkeit bietet die Abgrenzung zwischen Baurecht und Baupolizei. 
Unter letzterer versteht man die Befugniss der Staatsgewalt zum Besten des 
Gemeinwohls, namentlich zur Aufrechterhaltung der Sicherheit des allgemeinen 
Verkehrs, zum Schutze der Gesundheit, Reinlichkeit, sowie gegen Feuersgefahr 
das Zustandekommen von Bauwerken zu hindern, oder, auch das Abändern von Bau- 
werken zu fordern. Man hat deshalb vielfach versucht, alle Bau-Beschränkungen 
und auf die Bau-Ausführung bezüglichen Bestimmungen, so weit sie nicht ausschliess- 
lich zum Besten Einzelner erlassen, sondern dem Gemeinwohl zu dienen be- 
stimmt sind, aus dem Baurecht auszuscheiden und der Baupolizei zuzutheilen, 
selbst wenn sie rein materieller Natur sind. Dies scheint nicht unbedenklich, die 
Einschränkung des Begriffs Baurecht auf diejenigen Beschränkungen der Bau- 
Freiheit, welche aus Nachbar-Rücksichten aufgestellt sind, ist vielmehr zu eng und die 
Zutheilung aller zu gunsten des öffentlichen Wohls ergangenen Beschränkungen 
der Bau-Freiheit an die Baupolizei nicht berechtigt. In Wahrheit bilden Bestand- 
theile des Baurechts alle durch Landes-Gesetzgebung geschaffenen und zugelassenen 
Kingriffe in die Bau-Freiheit, ohne Unterschied, ob sie zu geunsten Einzelner oder 
der Allgemeinheit aufgestellt wurden, während der Baupolizei nur diejenigen Be 
schränkungen zuzurechnen sind, welche der Staat kraft seiner Polizei-Gewalt 
darüber hinaus zu treffen, verfässungsgemäss befugt erscheint. 
y. Inhalt des RBaurechts. 
Die baurechtlichen Beschränkungen der Bau-Freiheit können: a. entweder auf 
allgemeinen gesetzlichen Titeln, oder: b. auf erworbenen Privatrechts-Titeln beruhen. 
Beide äussern verschiedene Wirkungen. Die ad b können unbedingt durch 
Uebereinkunft abgeändert werden, also durch Verjährung, Entsagung, Verzicht, 
Vertrag weefallen. Bei den ad a ist solches nur so weit der Fall, als nicht 
etwa ein öffentliches Interesse für ihre Satzung maassgebend war. Letzteren Falls 
I) Formulare dafür bei B. Hilse. A.a. O0. I. S. 44. ff. 
     
    
  
  
   
  
  
  
   
     
  
   
   
  
  
  
  
  
   
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
    
   
    
  
    
  
   
   
   
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
   
   
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