Full text: Hülfswissenschaften zur Baukunde (Abtheilung 1, Band 1)

   
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Das Privat-Baurecht. 
Der Unterschied zwischen Lieferung und Werk-Verdingung besteht darin, dass einer- 
seits hier erst herzustellende, dort anschaffbare, vertretbare Sachen den 
Gegenstand des Vertrags bilden, !) und andererseits hier der Schwerpunkt in die Her- 
stellung des aufeetragenen Werks nach bestimmten Vorschriften über Material, Kon- 
struktion, Anfertigungsweise und Selbstthätiekeit, oder auch Mitwirkung des Ueber- 
nehmers gelegt, während dort nur ein nach Gattung und Form bestimmter Gegenstand 
angefertigt wird.?2) Dagegen haben beide das Rücktritts-Recht 3) wegen Ablieferungs- 
Verzug gemeinsam, sobald der bestimmte Ablieferungs-Tag nicht eineehalten war. 
Der Werk-Verdingung entspringen zwei Verpflichtungen, nämlich des Ueber- 
nehmers auf Herstellung der Arbeit, des Bestellers auf Abnahme und Bezahlung. 
Jedenfalls muss der Uebernehmer selbst mitwirken und zwar mindestens durch 
Beaufsichtigung und Ueberwachung der Arbeit. Annahme von Gehülfen ist ihm unter 
eicener Verantwortung für deren Leistungen erlaubt,?) Weitervergeben des ganzen 
Werks ihm dageeen verboten. Abweichungen von dem fest gestellten Plane braucht 
sich der Besteller nicht eefallen zu lassen; übernimmt er eleichwohl die Arbeit so 
eilt solehes für Genehmieunge und bewirkt seine Zahlunes-Verbindlichkeit. Während 
der Herstellung trägt Uebernehmer jedenfalls die Gefahr für die Arbeit, so dass der 
Untergang des Werks durch Zufall’) sein Forderungs-Recht auf die Gegenleistung 
vernichtet. Hat er die Materialien selbst zugegeben, so trifft ihn auch deren Verlust, 
während andern Falls solche dem Eigenthümer zu Grunde gehen. 
Mängel des Werks berechtigen den Besteller jedenfalls zum Verlangen ihrer 
Beseitieune und auf Schadens-Ersatz, indessen nur ausnahmsweise zur Ablehnune. 
Durch Annahme ohne Vorbehalt wird dies Recht verwirkt. Vereinzelt®) kann 
Besteller Abnahme von dem Gutachten von Sachverständigen abhäneie machen. 
Die zu eewährende Vereüticeung kann ziffermässige bestimmt, oder nach einem 
Voranschlage bemessen, oder ganz unbestimmt sein. Im ersten Falle ist Ueber- 
nehmer selbst dann auf sie angewiesen, wenn die Arbeit ihm theurer zu stehen 
kommt. Im zweiten Falle sind nur die Preis-Ansätze unabänderlich, die Quanten- 
Positionen jedoch erhöhbar; indess wird vereinzelt”) dem Besteller ein Rücktritts- 
Recht gestattet wenn sich zeigt, dass der Unternehmer den Kosten-Anschlag er- 
heblich zu gering gemacht hatte. Bei fehlender Preis-Abrede tritt Sachverständigen- 
Schätzung ein. Da mit Uebernahme des Werks die Gefahr für dessen Untergang 
den Besteller trifft. hat der Werkmeister ein Interesse daran, rechtzeitie zu über- 
eeben. zumal für die Dauer eines Uebergeabe-Verzues ihm vielfach auch die Haftuno 
für das vom Besteller zurerebene Material aufgebürdet wird. Hierbei ist natürlich 
voraus oesetzt,. dass kein Theil vorsätzlich gegen den Vertrag gefehlt und sich 
eines Verschuldens schuldig gemacht hat, weil dann die schwerere Verantwortlich- 
keit aus dem Verschulden Platz greift. 
b. Beschaffung der Hülfskräfte. 
Hier sind diejenigen Arten werkthätiger Personen zu unterscheiden, welche bereits 
S. 237 Besprechung fanden.S) Abgesehen vom Lehrlings-Vertrag, bei dem die Schrift- 
Form Vortheile bietet, pflegen die Vereinbarungen mündlich eetroffen zu werden. 
Zweckmässig ist es jedoch, sobald man bei Gesellen die gesetzliche 14 tägige Kün- 
dieungs-Frist ausschliessen will, sich diesbezügliche Erklärungen schriftlich geben 
zu lassen, weil andern Falls der Beweis erschwert ist, der ausnahmslos den Arbeit- 
seber trifft, da dieser eine Ausnahme behauptet. 
c. Vergebung der Bau-Ausführung. 
Dieselbe vollzieht sich entweder so, dass das ganze Bau-Unternehmen 
nicht selten unter Einschluss der Materialien-Beschaffung Vertraes - Geeenstand 
bildet, oder dass nur der technische Beistand, bald blos für die Vorarbeiten, 
bald darüber hinaus für die Bauleitung beansprucht wird. Gesetzgeberisch werden 
deshalb nnterschieden die Bauverdingung und die Bauleistungs-Miethe. 
I) Erk: d. R. O. H. Ger. v. 19. Nov. 1877. (D. J. Zeitg. I. 845) 
2) Erk. d. R.-G. v. 29, Juni, 8. Juli (Zeitschr. f. Pr. R. III 159) u. 7. März 1882 (Entsch. III S. 213). 
YA. L»-R, L 11 8 9838 H. @. B. Art. 353.: 356. 347 
ı) A. L.-R. I. 11 S 390 
3) A, L.-R. I. 11 $ 960 
6), A. L.-R. IM S$ 911. 
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