Full text: Eisen und Eisenkonstruktionen in geschichtlicher, hüttentechnischer und technologischer Beziehung (Abtheilung 1, Band 2, Heft 1)

  
Flusseisen-Erzeugung. 111 
Verhalten des Mangans beim Tiegelstahlschmelzen. Daselbst 1885, 8. 370. — Bischoff. 
Werkzeng-Gussstabl. Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ingen. 1385, 8. 780. — Böker, Werkzeugstahl, 
seine Herstellung und Verwendung, Stahl u. Eisen 1886, S. 33. — Die neue Gussstahl-Fabrik 
von W. Jenop and Sons in Sheffield. Daselbst 1886, S. 67. — Die Bedeutung des Thomas- 
Prozesses für die Tiegelstahl-Erzeugung. Das. 1887, S. 431. 
1. Ursprünglich bezweckte man durch Umschmelzen von Rohstahl — 
Herdfrisch-Puddel- oder Zementstahl — in Tiegeln nur eine verfeinerte, gleich- 
mässigere Waare (Huntsman-Stahl) zu erhalten. (8. 42.) Später benutzte man 
in einzelnen Fällen die Tiegel auch zur unmittelbaren Darstellung von Fluss- 
stahl durch Zusammenschmelzen von Roheisen und Schmiedeisen, auch von 
Erzen und Roheisen (Uchatius-Stahl, S. 44). Der Tiegel-Gussstahl-Darstellung 
verwandt, ist das indische Verfahren zur Erzeugung von Wootz- oder 
Damast-Stahl (8. 12), obwohl dieser Stahl — durch Zusammenschmelzen 
von Stücken eines im Rennfeuer erhaltenen Schweisseisens mit kohlenstoff- 
haltigen Körpern (Holz u. dgl.) — mehr im teigartigen als flüssigen Zustande 
erzeugt wird. Der Tiegel-Gussstahl wird heute aus den vorzüglichsten, besonders 
von Phosphor und Schwefel freien Rohstoffen meistens aus Herdfrisch- oder 
Puddelstahl dargestellt; er ist deshalb der beste, aber auch der theuerste Stahl. 
Die feinsten Sorten werden aus zementirtem schwedischen Dannemora - Eisen 
erhalten Nächst Schweden liefern die Alpenländer Oesterreichs den besten 
Rohstoff; besonders der steyerische Rohstahl ist vorzüglich. 
Zementstahl (S. 89), welcher im allgemeinen kohlenstoffreicher, reiner 
und theurer ist, als Herd- und Puddelstahl, gebraucht man als Rohstoff nur 
dann, wenn der Gussstahl für sehr feine Werkzeuge, Feilen oder dgl. bestimmt 
ist. Bessemer- und Martinstahl werden in der Regel nur als Zusatztheile in 
geringen Mengen gebraucht, nicht in der Absicht, das Erzeugniss dadurch zu 
verbessern, sondern um die Abfälle dieses Stahls nutzbringend zu verwerthen. 
Andre Zuschläge giebt man seltener, behufs höherer Kohlung Kohlen- 
stückchen, behufs geringerer Kohlung Schmiedeisen-Brocken. Zusätze von 
Eisenmangan oder Spiegeleisen und Silicium-Eisen befördern die Erzielung dichter 
Güsse. Legirungen von Eisen mit Chrom oder Wolfram!) setzt man in einzel- 
nen Fällen zu, um Gussstahl von besonderer Härte und Festigkeit zu erhalten. 
Der Rohstahl wird gewöhnlich zu (quadratischen Stäben von etwa 20 mm 
Stärke ausgestreckt; diese werden dann glühend ins Wasser geworfen, nach 
dem Erkalten in Stücke gebrochen und die Stücke nach dem Bruchaussehen 
wohl soıtirt. 
2. Die Tiegel werden für einen Einsatz von 10—35kg — bei Anwendung 
maschineller Vorrichtungen zum Heben, Fortschaffen nnd Ausgiessen der Tiegel 
für noch grössere Mengen — berechnet. Die Tiegelmasse (feuerfester Thon) behufs 
Magerung mit Chamottemehl und Graphit vermengt (8. 64), wird mit Hilfe 
maschineller Vorrichtungen gemahlten und gemischt und darauf mit Wasser 
befeuchtet. Daz Formen der Tiegel aus der vorbereiteten Masse geschieht ent- 
weder von der Hand auf einer Töpferscheibe oder durch maschinelles Pressen 
in einer Form. 
Die geformten Tiegel werden, wenn sie gehörig lufttrocken geworden sind, 
theils mit, theils ohne Stahleinsatz, in Glühöfen bis zu lichter Rothgluth 
erhitzt. Vom Glühofen gelangen sie in den Schmelzofen, wo die Stahlstücke, 
falls sie noch nicht eingegeben waren, durch Eisenblech-Trichter eingefüllt und 
schliesslich, um den Inhalt vor unmittelbarer Berührung mit den Brennstoffen 
zu schützen, Deckel aufgelegt werden. 
Der Schmelzofen ist entweder ein Schachtofen mit Kokesfeuerung, wie sie 
zum Umschmelzen von Roheisen gebraucht werden und in Fig. 70 dargestellt 
sind oder im Flammofen mit Gasfeuerung. In französischen Schmelzhütten hat 
man auch den in Fig. 71, 72 gezeichneten Piat-Ofen mit Erfolg verwendet. 
Flammöfen mit Gasfeuerung haben wegen ihrer grossen Vorzüge — vor- 
nehmlich hohe, gleichmässige, zu regelnde Hitze, keine unmittelbare Berührung 
der Tiegel mit festen Brennstoffen — die Schachtöfen vielfach verdrängt; die- 
selben verlangen aber grossen, ununterbrochenen Betrieb. Fig. 118 zeigt einen 
  
!) Wolfram-Eisenlegirungen. Stahl u. Eisen 1885, 8. 332, 
111 
  
  
  
  
  
 
	        
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