Formerei. 115
dem Erkalten die verlangte Gestalt zeigt. Es müssen daher alle Abmessungen
des hohlen Raumes um das Schwindmaass grösser sein, als die verlangten.
Erfahrungsmässig ist das lineare Schwindmaass, welches angiebt, um
wie viel jede Abmessung eines Gegenstandes beim Erkalten seiner flüssigen.
Masse durch Schwinden kleiner wird, durchschnittlich:
für Bagsasen 2.0 Aa
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Das kubische Schwindmaass, welches die Abnahme des Inhalts an-
zeigt, ist sehr nahezu das Dreifache des linearen!). Durch das Schwinden
können im fertigen Gussstück auch Spannungen, Risse, Hohlräume und andre
Fehler hervor gerufen werden, deren Entstehen man durch zweckmässigste Wahl
der Form eines Gebrauchs-Gegenstandes von vorn herein zu begegnen suchen
muss. Im allgemeinen muss jede Form 2 Haupt-Eigenschaften besitzen:
1. Festigkeit’ gegenüber den verschiedenen mechanischen Einflüssen des
flüssigen Metalls, unter denen das sogen. Treiben, d. i. Ausdehnung bezw.
Formänderung unter dem statischen Drucke der Flussmasse, besonders zu be-
achten ist;
2. Durchlässigkeit gegen die beim Gusse sich entwickelnden Gase und
Dämpfe.
Die Formen sind entweder an der nach oben gekehrten Seite offen, oder
sie sind geschlossen und nur mit den erforderlichen Oeffnungen zum Ein-
strömen des Metalls — Eingüssen — und zum Entweichen der Luft — Wind-
pfeifen — usw. versehen. Geschlossene Formen ermöglichen mannichfaltigere,
schärfere und dichtere Güsse, als offene, sind dagegen schwieriger und kost-
spieliger herzustellen als diese. Offene Formen bestehen ferner gewöhnlich aus
einem Ganzen, während geschlossene Formen mindestens aus 2 Hälften, häufig
aber aus mehren Theilen bestehen und in besondern Kästen — Formkästen
— hergestellt werden. Raumaussparungen in einem Gussstück, z. B. Kanäle,
zylindrische oder andre Hohlräume stellt man durch besonders eingelegte
Formstücke, sogen. Kerne, dar, welche verhindern, dass der betr. Hohlraum
sich mit Metall füllt.
Im Hinblick auf die Stoffe, aus denen sie gefertigt werden, unterscheidet
man zweierlei Gruppen von Formen:
1. einmalige oder verlorene Formen, aus bildsamem Stoffe, die nur
ein mal zum Guss zu benutzen sind,
2. beständige Formen, aus Metall gefertigt, auch Schalen und
Coquillen genannt, für wiederholte Benutzung bestimmt.
Das Arbeitsverfahren zur Herstellung verlorener Formen nennt man die
Förmerei oder Formerei und unterscheidet drei Arten derselben:
1. Herdformerei oder die Herstellung offener Formen auf dem Herde,
d. i. des mit Formstoff angefüllten Flurs der Giesserei; 2. Kastenformerei
oder die Herstellung geschlossener Formen in Formenkästen; 3. freie
Formerei oder die Herstellung geschlossener Formen ohne Formkasten.
Ueber die vereinzelte Anwendung sich drehender Formen bezw. Zentri-
fugal-Guss vergl. unter II b. weiterhin.
b. Formstoffe.
1. Die hauptsächlichsten Stoffe zur Bildung der Formen sind Quarzsand und
Thon, denen durch besondere Zuthaten die nothwendige Bildsamkeit, Festig-
keit, Durchlässigkeit und Unschmelzbarkeit verliehen wird. Unter Umständen
beabsichtigt man auch durch die Zuthaten chemische Wirkungen auf das Fluss-
metall auszuüben.
Magerer Sand bietet nur in feuchtem, fest gestampftem Zustande die er-
forderliche Bindekraft, d. h. Festigkeit und Bildsamkeit. Sehr thonhaltige
Stoffe besitzen diese Eigenschaften nur in vollkommen getrocknetem Zustande.
Der gewöhnliche Formsand hat einen mittleren Thongehalt; er lässt
zwar den Guss in feuchten Formen zu, bietet aber grössere Sicherheit für das
1) Den Nachweis dieses Satzes s. in Berg- u. Hüttenm. Zeitg. 1869, S.2.
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