10 Allgemeine Geschichte des Eisens und der eisernen Tragwerke.
das Eisen auf einem Ambos, der aus einem flachen, runden, auf Holz liegendem
Steine besteht mit einem steinernen Hammer ausgeschmiedet!),
Neuere Berichte der Afrikareisenden melden uns, dass die barbarischen Be-
wohner des Sudans noch heute, wie vor 5000 Jahren ihr Eisen in der nämlichen,
ursprünglichen Weise ge-
winnen?). Fig. 6 zeigt
eine derartige urwüchsige
Behandlung des Eisens
bei den Schmieden im
Bari-Lande im Gebiete des
Nil?).
b. China und Indien.
Trotz seiner Abge-
schlossenheit war China,
wie bekannt, in vielen
Künsten früher geschickt
als Europa. Bergbau und
Metallgewinnung kannte
man in China seit uralten
Zeiten, obwohl die Fort-
schritte darin keine er-
heblichen gewesen sind).
Bereits um 2000 v. Chr. erhielt der Kaiser Yu von den
Urbewohnern Tibets Eisen als Tribut, und etwa um dieselbe
Zeit soll in China, zuerst für Landreisen, die Magnetnadel
benutzt worden sein’). Ob das serische Eisen, das, nach
Plinius, den Römern „von den Serern, nebst ihren
Zeugstoffen und Fellen zugeschickt“ wurde, chinesisches
oder indisches Eisen gewesen ist, bleibt noch endgiltig
aufzuklären. Wahrscheinlich stammte es aus Indien, mit
welchem Lande China schon von Alters her durch die Ver-
mittlung wilder Grenzvölker in Handels-Verbindung stand.
Der Grieche Klesias, Leibarzt des Perserkönigs Arta-
xerxes, schrieb 400 v. Chr. das erste Buch über Indien. Seine
Erzählungen über die indischen Schwerter sind aber unklar®).
Auch die Mittheilungen der hoch gebildeten griechischen
Schriftsteller im Heereszuge Alexanders enthalten von tech-
nischen Einzelheiten wenig”). So sind wir zur Beurtheilung
der geschichtlichen Entwicklung der Eisenbereitung der
Indier hauptsächlich auf das Studium ihrer alten Schriften
angewiesen. Den Gesängen der „Rigveda“ — der indischen
Psalmen — die zu einer Zeit verfasst wurden, als unsere Vor-
fahren, die Arier, noch im Fünfstromlande wohnten und noch
nicht in das Gangesthal hinab gestiegen waren (jedenfalls
vor 1500 v. Chr.) entnehmen wir, dass das Eisen — ayas
— bei den Ariern das Hauptmetall für die Bewaffnung war.
Da ferner das Sanskritwort „ayas“ die Wurzel für die
nämliche Bezeichnung in allen indo-germanischen Sprachen
bildet®), so dürfen wir schliessen, dass das Eisen den
Ariern in ihren Ursitzen auf den Höhen des Himalaya bereits
früher bekannt war als zur Zeit wo die Trennung der arischen Familie vor sich ging.
Fig. 6.
1) Dr. Ludwig Beck. Die Geschichte des Eisens. S$. 97.
2) Russegger. Reise in Aegypten, Nubien und Ost-Sudan. I. 2. 8. 286 ff.
3) Harnier. Reise am obern Nil. 1866.
4) Ledebur. Ein altchinesisches Handbuch der Gewerbekunde. Annal. f. Gew. u. Bauw.
1885,. 5, 8.191.
5) Dr. Beck. S$. 293.
6) Lassen. Indische Alterthümer. S. 564 und 571; Humboldt’s Kosmos. I. 8. 417.
NDLassen: A220. 8. 231.
6) Dr. Beck. S. 206.
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