18 Allgemeine Geschichte des Eisens und der eisernen Tragwerke.
Die Griechen wurden bald zu gefährlichen Nebenbuhlern der Phönizier und
verdrängten diese aus ihren gewerblichen und kaufmännischen Unternehmungen.
Aber mit dem vormaligen phönizischen Bergbau ging es dabei abwärts. Denn der
freie Grieche sah jedes Handwerk, wenn es nicht gerade zum Kunstgewerbe
zählte, für erniedrigend an und überliess seine Ausübung — auch die Gewinnung
und Verarbeitung des Eisens — Sklaven. So konnte der Fortschritt auf diesen
und andern Gebieten der Technik mit dem Wachsen der politischen Macht
und mit der künstlerischen Entwicklung Griechenlands nicht gleichen Schritt
halten. Naturgemäss übertrug sich die handwerksmässige Verarbeitung der
Metalle von der „einsamen Schmiede im Waldthal“ auf die empor blühenden
Städte, wo allgemach, vornehmlich in Athen, Sparta und Corinth, den herr-
schenden Mittelpunkten der Macht und Kunst, von grossen Unternehmern ein
fabrikmässiger Betrieb durch Sklaven eingerichtet wurde.
Eingehendere Mittheilungen über die Verwendung von Eisen und Stahl zu
Konstruktionen, besonders zu Maschinen für die Zwecke des Krieges haben
Heron und Philon hinterlassen, beide Schüler des berühmten Ktesibios aus
Alexandria, des Erfinders zahlreicher Luft- und Wasserdruck - Maschinen.
Am lehrreichsten sind die Mittheilungen Philon’s von Byzanz, welcher
die Elastizität und Festigkeit von Eisen und Stahl gehörig an das Licht stellt
und dabei klarer und ausführlicher als jeder andere Schriftsteller des Alterthums
Natur, Behandlung und Verarbeitung von Bronze und Eisen auseinander setzt.
Die leider nur in Bruchstücken erhaltenen Schriften metallurgischen Inhalts
des grossen Aristoteles und seines Freundes Theophrast (geb. 370 v. Chr.),
eines Schülers Plato’s, erscheinen gegenüber denjenigen Philon’s unbedeutend; die
wichtigste Stelle im Aristoteles handelt von der Eisengewinnung der Chalyber
(S. 15). Von Theophrast erfahren wir, dass die Griechen nicht allein Stein-
kohlen beim Eisenschmieden gebrauchten, sondern den Brennstoff auch
schon zu verkoken verstanden!). Andere metallurgische Schriften: eine Ab-
Fig. 13. Werkstätte eines Metallschmelzers. Von einer handlung des Strato über
griechischen Vase im Museum zu Berlin. Maschinenwesen u. Schei-
dungsmittel und ein Werk
des Polybios über den
spanischen Bergbau sind
leider verloren gegangen.
Weitere Aufschlüsse
über Einzelnheiten der
griechischen Metallberei-
tung, namentlich über die
Formen der. Handwerks-
geräthe, als Hämmer, Am-
bose, Zangen, Aexte, Beile
usw. geben die Abbildun-
gen auf den erhaltenen
griechischen Denkmälern
— vgl. die Beispiele in
Fig. 13—19 — und ar-
chäologische Funde. Bei
den Aufgrabungen der griechischen Tempelbauten fand man: u. a. die Ueber-
reste von eisernen Klammern, mit denen, wie die entsprechenden Vertiefungen
in den einzelnen Steinen andeuteten, sämmtliche Quader des Tempels unter
einander sorgfältig verankert waren. Solche N ORRTEDERR wurden aufgedeckt
bei den Tempeln der Nemesis in Rhamnus, der Ceres und der Diana Propylaea
in Eleusis?)
b. Etrurien und Rom.
In ähnlicher Weise wie bei den Griechen hat das Eisen bei den Etruskern,
die nach einer altägyptischen Inschrift schon um 1300 v. Chr. unter dem
1) De igne, 37.
2) Unedited antiquities of Attica etc. by a society of dilettants. London 1817.