Von der Völkerwanderung bis zum Zeitalter der Entdeckungen. 23
manischen Volksstämmeu zu. Im Drange der Verhältnisse musste in ihren vom
Getümmel der Schlachten unberührt gebliebenen Schmieden „im einsamen Wald-
thal“ mit verdoppelter Kraft gearbeitet werden. Denn ehe die unter den Trümmern
des römischen Weltreichs begrabenen grösseren Stätten der Eisengewinnung zu
neuem Leben wieder erwachten, gingen noch Jahrhunderte in das Land.
Im 8. Jahrh. wurden die alten Werke Noricums (8. 21) wieder in Betrieb
gesetzt und wohl in Folge dieser Anregung folgten im 9. Jahrh. die Werke
in Böhmen, Sachsen und am Harz, im 10. Jahrh. die spanischen und nieder-
ländischen Werke).
Zur Zeit Karls d. Gr., der sich besondere Verdienste um die Eisengewerbe
erworben hat, war der Verbrauch des Eisens zu kriegerischen Zwecken noch
der vorherrschende. Der Kaiser ging selbst stets gewappnet; er soll die erste
ganz geschlossene Eisenrüstung getragen haben, woher er den Beinamen „der
Fig. 23. Ambos-Unterlage und Fig. 24. Ambose eiserne Karl“ bekam. s Welche
Gesenke. von der Saalburg. Wichtigkeit er dem Eisen, als
Material für die Bewaffnung bei-
» legte, geht daraus hervor, dass
er die Ausfuhr von Eisen in sei-
nem ganzen Reiche verbot?). Un-
ter Karl und seinen Nachfolgern
wurden viele Industriestädte u. A.
Soest, Herford, Mühlhausen im
Elsass und Limburg a. d. Lahn
gegründet, mit deren Aufblühen
die Bestrebungen der Gewerbe-
treibenden, ein vom Alterthum
überkommenes Erbtheil, das Joch
der unfreien Arbeit, von sich ab-
zuschütteln, festeren Boden ge-
wannen. Der Standpunkt des Al-
terthums bezüglich der Sklaverei
wurde verlassen; die Wandlung
des Leibeigenen oder Hörigen des
Mittelalters in den freien Arbeiter
der neuen Zeit bahnte sich an.
Fig. 26. Hämmer, ae 2 BURN en > & Allmählig wurde das Eisen
in Pompeji gefunden. er imeser Ort“ mehr zu friedlichen Zwecken,
zum Ackerbau und zum Haus-
bau benutzt; doch blieb seine
Verwendung in der Baukunst
vor der Hand noch eine neben-
sächliche. Sehr frühe benutzte
man es zur Verstärkung von
Holzverbindungen und hölzer-
nen Tragwerken. Zur Veran-
kerung von Säulen, welche Ge-
wölbe tragen, bediente man
sich starker runder, oder qua-
dratischer Eisenstangen, wie
dies in christlichen Basiliken
und in Moscheen geschehen ist, z. B. in der 643 gegründeten Moschee des Sultans
Omer in Alt-Kairo, und in der 537 erbauten Sophienkirche zu Konstantinopel?).
Aehnliche sichtbare Verankerungen finden sich in späteren romanischen und
gothischen Bauten‘). Ziemlich regelmässig wurde ferner das Eisen zu allerlei
Fig. 25. a) Zuschlaghammer, bei Aliso gefunden. b) u.
c) desgl..bei Joublains ausgegraben. Museum von Laval.
a Deu. c.
1) Ledebur. Zur Geschichte des Eisens. Jahrbuch für das Berg- und Hüttenwesen im
Königreich Sachsen auf das Jahr 1881. 8. %.
2) Dr. Beck. 8. 749.
8) Gottgetreu. Eisenkonstruktionen. S. 6 u. ff.
#) Violet le duc. Dictionnaire raisonne. Tom. IV. (Construction). 8.199 u. f.
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