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Mechanik fester Körper.
entwickelten Sätze über die Erhaltung der Quantität der Be wegung und
des Schwerpunkts ein bequemes Hilfsmittel zur raschen Lösung von Aufgaben
über frei bewegliche Massen-Systeme bildet.
Das berühmte Lagrange’sche Werk (Mecanique analytigue) erschien
1788, also etwa 100 Jahre nach dem Bekanntwerden der Newton’schen „Prinzipien“.
Während Newton seine Sätze mit Hilfe von Konstruktionen an der Figur rein
geometrisch (synthetisch) entwickelte, gab Lagrange in seinem ganzen Werke
nicht eine einzige Figur, weil er sich prinzipiell bemühte, jeden Fall mit möglichst
wenigen Mitteln in Formeln darzustellen.
In der Statik stellt Lagrange das Prinzip der virtuellen Geschwindiekeiten an
die Spitze und in der Dynamik legte er allen Entwickelungen das d’Alembert’sche
Prinzip zu Grunde. Die Statik und Dynamik der Flüssigkeiten giebt er als be-
sondere Fälle der Anwendung der allgemeinen Mechanik im Schlusskapitel. Seine
Arbeit ist heute noch das unübertroffene Fundamental-Werk der analytischen
Mechanik; es bildet den glanzvollen Abschluss der auf allgemeine Systematisirung
und Entwickelung gerichteten. Bestrebungen in der Periode Newton - Lagrange.
Auch die am Ende des 18. Jahrhunderts erschienene „Mecanique celeste“ von
Laplace (1749—1827) fällt dagegen nicht in die Waagschale. —
Die bedeutendsten Erscheinungen des 19. Jahrhunderts sind die Erweiterung
der mechanischen Grundbegriffe (Kräftepaare, Trägheits-Ellipsoid und
Zentral-Ellipsoid) sowie die Einführung neuer synthetischer Methoden durch
Poinsot (1777—1859) und die Entdeckung des mechanischen Wärme-
Aequivalents durch Robert Mayer (1842), mit welcher das bereits von Huyghens
angedeutete, von Johann und Daniel Bernoulli in allgemeinere Form gekleidete
Prinzip der lebendigen Kraft zu hoher Bedeutung gelangt und gleichzeitig
auch der von Descartes in seinen Prinzipien der Philosophie ausgesprochene Satz:
„dass die anfangs erschaffene Menge der Materie und der Quantität der Bewegung
unverändert bleibe, wie dies allein mit der Beständigkeit des Schöpfers der Welt
verträglich sei“, Bestätigung findet. —
Mit dem bedeutungsvollen Hervortreten der Technik im 19. Jahrhundert, durch
die gewaltigen Fortschritte im Berg-, Maschinen- und Eisenhüttenwesen und durch
die Einführung neuer Verkehrsmittel, insbesondere der Eisenbahnen, nimmt auch
in ihrer weitern Entwickelung die Mechanik mehr und mehr ein technisches Gewand
an. Es bildet sich allmählich auf dem Gebiete der allgemeinen Mechanik ein be-
sonderer Zweig, dietechnische Mechanik oder Baumechanik aus, welche auch
den hauptsächlichsten Anlass dazu giebt, dass neben der analytischen die synthetische
Methode zu grösserer Vollendung gelangt, bis sie sich endlich zu derjenigen
Methode ausbildet, die wir heute die grafische nennen. —
XI. Kurze Geschichte der Baumechanik.
Wir beschränken uns darauf, den Gang der Entwickelung der Bau-
mechanik nur übersichtlich anzudeuten und trennen dabei die beiden Hauptgebiete
derselben: „Elastizitäts-Lehre“*) und „Statik der Baukonstruktionen.“
Zu Anfang des 17. Jahrhunderts finden wir Galilei mit Fragen über die
Festigkeit beschäftigt. Er zeigt, dass hohle Röhren eine grössere Biegungs-
Festigkeit darbieten, als massive Stäbe von gleicher Länge, und wendet diese Er-
kenntniss an, um die Formen der Thierknochen zu erläutern. Bei seiner Theorie
der Bruch-Festigkeit — der ersten die aufgestellt wurde — betrachtete er einen ein-
gemauerten Balken, der am freien Ende belastet ist. Dabei ging er aber von der
falschen Annahme aus, dass die elastische Linie eine Parabel sei, legte die
horizontale Gleichgewichts-Axe durch den tiefsten Punkt des Querschnitts und be-
trachtete die Spannungen für alle Querschnittspunkte als konstant. Mit scharfem
Blick erkannte er aber, dass bei einer parabolischen Begrenzung der Unter-
fläche des Balkens sein Widerstand in allen Querschnitten gleich gross sei und
man dadurch !/; an Material sparen könne.
*) Für die Elastizitäts-Lehre ist in 1. Linie der „Abriss der Geschichte der Elastizitäts-Lehre*
von Winkler (Techn. Blätter 1871. I. S. 22) benutzt worden.
Vergl. auch Winkler. Vorträge über Statik der Baukonstruktionen, gehalten am der k.
techn. Hochschule in Berlin. I. Hefi: Festigkeit gerader Stäbe. I. Th. III. Aufl.: als: Manuskript
gedruckt. 1883.
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