Full text: Der Wasserbau (Abtheilung 3, 2. Heft)

  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
22323 Häfen. 
Fig. 344 bei Warnemünde getroffen. Hier ist zum Schutz gegen die herrschenden 
Winde der westliche Hafendamm der längere; man hat sich jedoch vorbehalten, 
den östlichen Damm unter Wasser so weit fortzusetzen, dass der ausgehende 
Strom bis dicht neben dem Kopf des westlichen Dammes zusammen gehalten wird. 
p. Die Vorhäfen. 
Ebenso verschieden wie die Einfahrten sind auch die Vorhäfen. Sie fallen 
bei offenen Häfen an Flüssen ganz fort, haben bei so belegenen aber ge- 
schlossenen meist nur kleinste Ausdehnung, etwa für 1 oder 2 Schiffslängen 
und erreichen dagegen bei Häfen am offenen Meere ihre grösste Ausdehnung 
und Bedeutung. Sie sind um so nothwendiger, je mehr der eigentliche Hafen 
ohne den Vorhafen dem Angriff der grossen Meereswellen ausgesetzt sein 
würde. Es kann also auch am Meere ein eigentlicher Vorhafen durch schützende 
Ufervorsprünge, Inseln, oder eine natürliche oder künstliche Rhede entbehrlich 
gemacht werden, indem der Zweck des Vorhafens nur der ist, die einlaufenden 
Schiffe so weit zur Ruhe kommen zu lassen, dass sie mit Sicherheit an ihre 
Lösch- oder Liegeplätze gelangen können. Auch bei dem Auslaufen der Segel- 
schiffe ist ein Vorhafen von Bedeutung, damit dieselben, sei es durch ihre 
Segel oder mit Hülfe von Schleppdampfern mit genügender Geschwindigkeit 
und davon abhängiger Steuerfähigkeit das tiefe Wasser erreichen. 
Die Länge der Vorhäfen am ganz freien Meere beträgt etwa 2000, 
wenn die meisten schnell einfahrenden Schiffe in ihrer Fahrrichtung allmählich 
zur Ruhe kommen sollen; zum „Beidrehen“ dagegen ist nur etwa 300m Breite 
nöthig. In seltenen Fällen lässt man bei kurzer Länge die Schiffe auf eine 
hierzu geeignet gelegene Schlickbank laufen; doch bleibt dies nur ein sehr 
unvöllkommenes Auskunftsmittel. 
Der künstliche Vorhafen wird fast stets durch vorspringende oder parallele 
Hafendämme gewonnen. Auch hierfür erweisen sich zwei in grosser Länge 
parallel geführte Dämme am ungünstigsten, weil zwischen ihnen eine Abstillung 
des Wassers nicht eintritt. Dagegen bilden die in grösserer Entfernung von 
einander beginnenden und seewärts sich einander nähernden, so wie die parallel 
zur Küste geführten Dämme oft schon einen ausreichend ruhigen und als Vor- 
hafen zu benutzenden Raum. 
Der in Fig. 345 dargestellte vordere Theil des Hafens von Havre zeigt, 
wie seit 1874 die ältere Form des Vorhafens mit grossen Opfern nachträglich 
so umgestaltet worden ist, dass die einfahrenden grössern Schiffe gleich hinter 
der eigentlichen Einfahrt mehr Spielraum (Seeraum) gewinnen können und dass 
namentlich Zusammenstösse ein- und auslaufender Schiffe dadurch besser ver- 
mieden werden, als zwischen den alten, nahezu parallelen Ufern. Um hier 
den lästigen Seegang zu mässigen, waren früher schon auf der nördlichen Seite 
durchbrochene Ufer (digues & claire voie) hergestellt, hinter welchen sich die 
einlaufenden Wellen etwas ausbreiten mussten, um so für die weiter aufwärts 
liegende Strecke des Vorhafens einen Theil ihrer Kraft und Höhe zu verlieren. 
In solchen Häfen, wo ein grosser Fluthwechsel mit Schlickfall stattfindet, 
würde ein offener Vorhafen zur Zeit des N.-W. wenig nützen, wenn nicht etwa 
durch Strömung die Verschlickung in engen Grenzen gehalten wird. Wo aber 
dies nicht zu erwarten und wo andererseits schon eine gute Rhede vorhanden 
ist, wird statt des offenen Vorhafens ein sogen. Halbtide-Hafen angelegt, 
welcher durch eine geräumige Dockschleuse bei niedrigem Wasserstande 
etwa bis zur halben Fluth geschlossen ist, bei höhern Ständen geöffnet wird 
und alsdann allen Schiffen das Einfahren und Liegen gestattet, bis sich um die 
Zeit des H.-W. auch die innern Dockschleusen öffnen lassen und .die Schiffe 
bequem in die verschiedenen Becken einfahren können. Weil die Schiffe eine 
Schleuse überall nur mit sehr geringer Geschwindigkeit durchfahren können, 
so bedarf ein Halbtide-Hafen nur eine der Anzahl der zu erwartenden Schiffe 
entsprechende Grösse. In England ist die Einrichtung von Halbtide-Häfen 
wegen des Zusammentreffens der erwähnten Umstände eine besonders häufige. 
      
   
  
   
  
  
  
   
   
  
  
  
   
    
  
  
   
   
   
   
   
   
   
    
   
   
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