Full text: Der Wasserbau (Abtheilung 3, 2. Heft)

     
   
  
  
   
   
   
  
  
  
   
  
  
  
  
    
   
  
   
    
  
  
  
   
  
   
   
  
   
   
  
  
    
   
   
   
  
  
  
   
   
   
   
    
   
  
  
  
   
   
  
10 Allgemeines. 
Flächen übertragen darf, was jedoch nur bis zu einer gewissen Grösse erlaubt 
sein kann, so würden jene Drücke auf 14m rund 3000, 10 000 und 30 000 kg be- 
tragen. Auf derselben Grundlage berechnet können für die Nordsee 15 000 ks 
und für die Ostsee 10 000ks Stosskraft auf 1m gelten. 
Eine alte Meinung, dass Oel, auf Wellen geschüttet, eine abstillende Wir- 
kung ausübe, ist neuerdings durch vielfache Versuche, insbesondere auch solche 
der englischen Admiralität bestätigt worden. Schweres und dickflüssiges Oel 
soll am wirksamsten sein, die Zuführung am besten mittels fein durchlöcherter 
Säcke aus dickem Leinen geschehen, welche mit ölgetränktem Werg gefüllt sind. 
Die Wirkung ist wohl ausreichend dadurch zu erklären, dass das Oel eine feine 
Haut auf der Wasserfläche bildet, welche sowohl gegen den Angriff des Windes 
weniger nachgiebig, als auch gegen das Uebereinanderschieben der Wassertheilchen 
wirksam ist. Der Oelverbrauch ist sehr gering: 1 Theelöffel voll soll für 
1000—1200 am Wasserfläche genügen. 
e. Ebbe und Fluth. 
Das periodische, täglich nahezu 2 mal oder in je 12 Stunden 25 Min. 
14,16 Sek. Zeit erfolgende, durch die wechselnde Anziehungskraft von Mond 
und Sonne auf die einzelnen Punkte der Erdoberfläche verursachte Fallen und 
Steigen des Meeresspiegels bezeichnet man als „die Gezeiten“, „Tiden“ oder 
auch als Ebbe bezw. Fluth. Der jedesmalige niedrigste und höchste Stand 
heisst das Niedrigwasser bezw. Hochwasser und den Höhenunterschied 
zwischen beiden nennt man die Fluthgrösse oder den Fluthwechsel. Die 
um die Zeit von Neumond und Vollmond auftretenden höhern Tiden heissen 
Springfluthen, die zur Zeit des ersten und letzten Mondviertels stattfinden- 
den niedrigern dagegen taube oder Nippfluthen. Beide Arten gehen 
allmählig in einander über; die höchste und niedrigste Fluth fällt aber in der 
Regel etwas nach dem Eintritt jener Mondsphasen. Die Zeit (von Mittag 
ab gerechnet), zu welcher durchschnittlich am Tage des Vollmondes oder Neu- 
mondes das Hochwasser an einem bestimmten Punkte des Meeres, z. B. vor 
einem Hafen, eintritt, heisst die Hafenzeit des betr. Ortes. Sie trifft nur 
ausnahmsweise mit der Kulminationszeit des Mondes für denselben Ort zu- 
sammen. Das Umsetzen der Fluth in Ebbeströmung und umgekehrt heisst 
das Kentern dieser Strömungen. 
Als Ursachen der einfachen Ebbe- und Fluth-Erscheinungen wurden 
schon von Strabo und Plinius die Sonne und der Mond vermuthet; doch 
haben erst Kepler, Newton, Dan. Bern oulli und Laplace in immer 
vollkoınmenerer Weise die Thatsache nachgewiesen. An die theoretischen 
Studien dieser Forscher reihen sich die der englischen Forscher und Beob- 
achter!): W. Whewell, Lubbock, G. B. Airy und F. W. Beecley. Für 
Sonderstudien sind die Schriften von H. Lentz (a. a. O.) zu empfehlen. 
Die Einwirkungen der Sonne und des Mondes sind ziffermässig wie folgt 
darzustellen: Die Masse der Sonne ist 319500 mal grösser als die der Erde; 
ihre mittlere Entfernung vom Erdmittelpunkt ist = 11567 Erd-Aequator-Durch- 
messer (von 1719 geogr. Meilen). Die Masse des Mondes ist 0,0125 mal kleiner 
als die der Erde; die Mittelpunkte sind i. M. 30,13 Erddurchm. entfernt. Die 
Anziehungskräfte, welche Sonne und Mond auf die Erde ausüben, verhalten 
sich also nach dem Newton’schen Gesetze zu einander wie: 
319500 . 0,0125 
115672 30,132 
Trotzdem ist die Fluth erzeugende Kraft des Mondes viel stärker als 
die der Sonne, weil wegen der grösseren Nähe der Unterschied in der 
Anziehung auf die einzelnen Punkte der Erde bedeutender ist. Die An- 
ziehung der Sonne verhält sich für die ihr nächsten und fernsten Punkte der 
Erde zur Anziehung auf den Mittelpunkt wie: 
— 173,48: 1 
1) Vergl. Philosophical transactions von 1833—1850, sowie: Lubbock. An elementary trealise 
of the tides. London 1832. 
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