302 Schiffahrts-Betrieb.
Lage kaum. Die Seeschiffe sind. dagegen durchaus ungleichmässig und zwar
fortwährend verschieden unterstützt und ausserdem heftigen Massenwirkungen
der Wellen ausgesetzt. Sie müssen daher gegen Verbiegung ihrer ganzen Form
nach allen Richtungen stark genug, ferner: gegen Wellenstoss an jeder Stelle
fest und dabei äusserlich so gestaltet sein, dass sie von den Wellen nicht zu
heftig getroffen werden und möglichst wenig Widerstand gegen die Fortbe-
wegung erleiden, Zu beiden Zwecken müssen alle Aussenflächen, mit Ausnahme
in der senkrechten Mittelebene, möglichst sanft gerundet und glatt sein, wobei
aber die Form im Einzelen davon abhängt, ob das Schiff vorzugsweise schnell
laufen, viel laden oder geringen Tiefgang haben soll. Letztere Rücksicht kann
für besondere Gewässer und Häfen und die speziell hierfür zu bauenden Schiffe
die grösste Bedeutung haben.
Bei Bestimmung der Stabilität kommt die Form des Rumpfes, die
jeweilige Beladung, der Angriff des Windes (d. h. seine rechtwinklige Seiten-
Kraft) ferner die Form und der Verlauf der Wellen in Betracht. Wegen Ver-
änderlichkeit der letzten 3 Stücke sind nur gewisse äusserste Fälle zu betrachten.
Wenn durch den seitlichen Druck des Windes auf das Schiff und namentlich
dessen Segel, wofür ein gemeinsamer, freilich veränderlicher Angriffspunkt, und
demnach unter Beachtung der Windstärke ein bestimmtes Angriffsmoment statt-
findet, ein seitliches Neigen des Schiffes erfolgt, so ergiebt sich!) als Abstand des
L
2 ydx
Metacentrums (M) vom Deplacements-Schwerpunkt(0): MÜC= — — worin
L die Länge des ganzen Schiffes in der sog. Konstruktions-Wasserlinie (auch
„Ladelinie“ gen.), , dessen halbe Breite, & die Entfernung des betr. Schiffs-
querschnitts vom Vordersteven bedeuten. Es ist mithin der Zähler des Werthes
von MC das Trägheitsmoment der Fläche der Konstruktions-Wasserlinie be-
zogen auf die Mittellinie derselben. Die Stabilität ist also um so grösser, je
grösser dieses Trägheitsmoment im Vergleich zum Deplacement, d. h. je
schärfer das Schiff und je tiefer der Schwerpunkt $ des Schiffes liegt. So
lange das Metacentrum über diesem Schwerpunkt bleibt sucht das Schiff
sich, entgegen der Wirkung des Angriffsmoments des Windes, aufzurichten;
liegt es dagegen tiefer so wird das Schiff sich weiter neigen wodurch mög-
licherweise eine stabile Lage erreicht werden kann, meistens aber das sogen.
Kentern oder Umschlagen erfolgt. Schiffe die hierzu neigen nennt man
rank, im Gegensatz zu steifen Schiffen. Die Steifheit kann zwar auch durch
tiefe Lagerung besonders schwerer Ladung, z. B. Eisen, vermehrt werden; doch
entstehen bei zu grosser Stabilität heftige und für die Dichtigkeit des Rumpfes
sowie die Haltbarkeit der Masten nachtheilige Stösse. Es muss vielmehr durch
Vertheilung der schweren und leichten Ladung im Schiffsraum dahin gestrebt
werden, dass die Stabilität weder zu gross noch zu klein bleibt, damit das
Schiff im Sturme die unvermeidlichen Bewegungen innerhalb gewisser Grenzen
mit Nachgiebigkeit durchmache. Die Aenderung der seitlichen Lage heisst das
Rollen oder Schlingern, welches ausser durch den Wind noch dadurch ent-
steht, dass die Wellen seitwärts zur Fahrrichtung das Schiff treffen. Durch das ab-
wechselnde Treffen der Wellenberge und Wellenthäler, wenn die Fahrrichtung
und die Richtung der Wellen mehr zusammen fallen, entsteht das sog. Stampfen
oder abwechselnde Heben des Vorder- und Hintertheils. Durch beide Arten
von Bewegung erfolgt im Innern des Schiffes das sogen. Arbeiten oder
„Wracken, was zum Leckwerden sowie zum Uebergehen“ der Masten führen kann.
Ausser der zweckmässigen Vertheilung (Assortierung) der Ladung nach
verschiedenem Gewicht ist auch namentlich noch dahin zu sehen, dass die Ladung
nicht bei starkem Rollen übergeht, d.h. von einer Seite zur andern fällt, weil
dadurch die Stabilität in unerwarteter Nähe verringert wird und fast stets das
Kentern erfolgt. Hierbei sind namentlich sog. Sturz- oder Bulkladungen
gefährlicher als Stückladungen. Zu ersterer Art gehören Getreide, Kohle,
Sandballast usw. zur anderen Fässer, Kisten, Ballen, Säcke usw.
1) Hülfswissenschaften 1 S. 727.
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