308 Schiffahrts-Betrieb.
gleichung dieser Erscheinungen bedarf jedes Schiff seiner besonderen Deviations-
Tabelle. Ein fernerer grosser Uebelstand ist das Bewachsen der Aussenhaut
namentlich am Boden mit Muscheln und Pflanzen, wodurch die Fahrgeschwindig-
keit, ebenso wie die Eisenbeschaffenheit leiden. An dem Boden bildet sich der
Anwuchs, Bart genannt, in einigen Monaten bis über 30m Dicke. Die Mittel
dagegen sind verschieden: Anstriche insbesondere mit Talg, und nach jeder
grossen Reise Abkratzen im Dock.
Die Takelung ist im Prinzipe wie bei den Holzschiffen, doch bei Dampf-
schiffen in der Regel einfacher, indem die Segel theils nur für den Nothfall,
wie z. B. bei Beschädigung der Dampfmaschine, theils nur zur Unterstützung der
letzteren sowie zur ruhigen Lage des Schiffes im Sturm dienen. Die Masten
haben daher selten mehr als eine
Fig. 497, 498. Stenge und grösseren Abstand von
einander.
Die Vorrichtungen zum Fortbe-
wegen der Dampfschiffe sind fast aus-
schliesslich Räder und Schrauben.
Erstere sind vorzugsweise seitliche
Räder und zwar dann am besten
mit beweglichen Schaufeln,
welche sowohl beim Eintauchen als
auch beim Austritt aus dem Wasser
sich nahezu senkrecht stellen und wenig schädlichen Stoss verursachen. Die in
neuerer Zeit angewandten Hinterräder sind für die Seeschiffahrt von keiner
Bedeutung, indem sie bei mässigem Seegange schon einen für Schiff und
Maschine gefährlichen „Gang“ verursachen.
Bei weitem die meiste Anwendung hat die Schraube gefunden, da sie nahezu
den ganzen Tiefgang des Schiffes ausnutzen kann und nicht, wie die Räder, fast
nur auf die Ausnutzung der obern Wasserschichten beschränkt ist. Dieser Vor-
theil steigt also mit der Grösse des Schiffes. Ausserdem ist die Schraube viel
weniger leicht Beschädigungen ausgesetzt, und arbeitet im Sturm gleichmässiger;
es kann ferner die Welle tiefer liegen. Es giebt 2, 3 und 4 flügelige Schrauben;
die letztere ist vorzugsweise bei kleinen Schiffen im Gebrauch, die 3 flügelige
ist die häufigste. Bei den 2flügeligen ist der Hauptvortheil der, dass sie sich
im Falle einer Beschädigung leicht durch einen Schacht (Brunnen) aus dem
Wasser heben lässt. Kleine Schiffe werden oft zweckmässig mit sog. Zwillings-
schrauben versehen, die symmetrisch neben einander liegen, und durch unab-
hängige Bewegung sehr zur Lenkbarkeit des Schiffes beitragen, namentlich aber
die geringe Wassertiefe besser ausnutzen als die einfache Schraube.
Die Schrauben bestehen meist aus Gusseisen, seltener aus Stahl oder Bronze.
An einigen Arten sind die Flügel einzeln an die Nabe anzuschrauben. Die
Enden der Flügel leiden in Folge der grossen Geschwindigkeit mit der sie sich
im Wasser drehen, auffallend stark, so dass gewöhnliche gusseiserne Schrauben
grosser Schiffe oft nach einem halben Jahre völlig zerfressen sind. Da das
Wasser bei der Drehung der Schraube ringsum ausweicht, so macht sie bei
jeder Umdrehung einen etwas kleineren Weg als ihre Ganghöhe; diese Differenz
heisst das Gleiten oder der Rücklauf (engl. slip); derselbe ist im allgemeinen
um so grösser, je mehr der grösste Spant des Schiffes die Drehungsfläche der
Schraube übertrifft, und um so kleiner, je angemessener die Kraft der Maschine
der günstigsten Geschwindigkeit des Schiffes ist. Auch die Steigung der
Schraube ist von Einfluss dabei; dieselbe verhält sich meistens zum Durchmesser
wie 0,9 bis 1,6 zu 1. Die obere Kante der Schraubenflügel soll 0,3 bis 0,5 m
unter dem Wasserspiegel, die untere Kante, zur Sicherheit gegen Beschädigung,
0,2 bis 1m über der des Kieles liegen. Nach Froude soll die abgewickelte
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Fläche der Flügel (in «m ausgedrückt) sein: A = 0,107 5 - wo R den Wider-
stand des Schiffes in kg und A die Geschwindigkeit in Knoten bezeichnet. Die
Umdrehzahl der Schrauben nimmt mit der Grösse ab, ist in der Regel 80-90
in der Min. und geht bis etwa 130.