Full text: Städtisches Strassenwesen und Städtereinigung (Abtheilung 3, 3. Heft)

  
4 Einleitung. 
Noch beträchtlicher aber als bei den Grossstädten ist das Anwachsen mancher 
kleinern, vorzugsweise industriellen Stadt, z. B. Dortmund von 1845—1885 
durchschnittlich 5,9°/, pro Jahr, Bochum von 1855—1885 durchschnittlich 6,3 %/,. 
Vom Ausland mögen zum Vergleich folgende Zahlen für den durchschnitt- 
lichen Jahreszuwachs in Prozenten angeführt werder: 
Wien seit 1869 in der Stadt (mit Vorstädten) 1,50/,, in den Vororten 6,2%/,. 
Zürich seit 1860 2,30%/,. 
Rom seit 1881: 5,2%, — Maximum unter allen Städten Italiens. 
Paris seit 1866: 1,3%, und die 7 nächstfolgenden französischen Städte 
während des gleichen Zeitraumes nur 1,20%/,. 
Für London hat sich aus den Beobachtungen seit 1800 jeweilige Ver- 
doppelung binnen 40 Jahren herausgestellt (somit = 1,750/,) und wird den 
Projkten von Kanalisation, Strassendurchbrüchen und dgl. zugrunde gelegt. 
In Nordamerika!) liefert Chicago das auffallendste Beispiel des Wachs- 
thums, indem die Einwohnerzahl von 5000 im Jahre 1840 bis auf 760000 im 
Jahr 1888 gestiegen ist. Der durchschnittliche Prozentsatz pro Jahr betrug: 
1840-1850 12,1% 
1850—1860 26,4 „ 
1860—1870 17,4 „ 
1870—1880 68 „ 
1880—1888 . 6,4 „. 
Die sich hier, wenigstens seit 1850, zeigende Abnahme von ; mit absoluter 
Zunahme der Bevölkerung ist eine Erscheinung, welche bei fast allen grossen 
Städten Amerikas wiederkehrt. Aus Durchschnittsberechnungen über 26 Städte 
in den verschiedenen Stadien ihrer Einwohnerzahlen hat sich als mittlerer 
Jahreszuwachs ergeben, wenn die Bevölkerung beträgt: 
50 000 100 000 150 000 200 000 250 000 300000 350 000 
i= 6,0% 4,9% 4,5% 3,8 %/o 3,90% : 3,0% 2,5%. 
Beim Auftragen dieser beiden Zahlenreihen mit Abszissen und Ordinaten entsteht 
nach Ausgleichung der letztern zwanglos eine stetige Kurve, welche wohl 
einen Schluss auf die Zukunft gestattet. Indessen. würde es gewagt sein, ein 
derartiges Gesetz auch bei europäischen Städten anzunehmen, wie es in der 
zweiten unten angeführten Quelle auf Grund einiger spärlicher Belege geschieht. 
Hier walten vielmeht höchst mannigfaltige und z. Th. entgegengesetzte Ver- 
hältnisse. Und selbst in Amerika zeigen gerade die beiden grössten Städte, 
Neuyork und Philadelphia, höchst schwankende Zuwachszahlen, periodenweise 
kleine und grosse. Sie wechselten seit 1840 zwischen den Grenzen 1,7 und 6,50/,, 
und betrugen im grossen Durchschnitt in dem Zeitraum 1840—1888 für Neuyork 
(mit Vororten) 4,5°/,, für Philadelphia 2,9 %/,. 
Während nun die Einwohnerzahl der gesammten Stadt wächst, sinkt oft 
diejenige der innern Theile, verdrängt durch Geschäftshäuser, Anstalten usw., 
in welchen nur bei Tage viele Menschen sich befinden: Beobachtungen in Berlin, 
Breslau, Neuyork, besonders in der City von London, deren sesshafte Bevölkerung 
von 1851—1881 um 60°, abgenommen hat. Dies Verschieben der Wohn- 
stätten von innen nach aussen ist im städtischen Bauwesen wohl zu beachten. 
Ebenso bedeutsam und dem Wachsthum grosser Städte entgegengesttzt wirkend 
ist die Neigung mancher Personen, in der Umgegend zu wohnen und nur 
zur Tagesarbeit in die Stadt zu kommen, ferner die Wahl kleinerer Oıte zum 
Aufenthalt von Rentnern, die Anlage von Fabriken auf dem Lande, wo billigere 
Arbeiter zu haben sind. In 'einigen Städten hat man bereits eine Abnahme 
der Geburtsziffer bemerkt, so dass die trotzdem fortgehende Zunahme der Be- 
völkerung nur der Einwanderung von aussen zuzuschreiben ist. Alle diese 
Erscheinungen sind zugleich Symptome der bekannten sozialen Uebelstände, 
welche die Vergrösserung der Städte veranlasst. Jedenfalls ist es wichtig, die 
Nachtheile derselben möglichst zu vermeiden, und dazu gehört eine technisch 
und wirthschaftlich geordnete Erweiterung, 
1) Wochenschrift des österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereins 1887, 274. Kuich- 
ling; Report on the Trunk Sewer of Rochester N. Y. 1889. Zentralblatt der Banverwaltung 
1889, 190. 
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