Full text: Städtisches Strassenwesen und Städtereinigung (Abtheilung 3, 3. Heft)

  
Selbständige Eisenbahnen, 157 
Berlin. London. 
1. Innerhalb der dicht bebauten Fläche: 
Länge der Bahnlinien nkm. ... 2... 18 15 
Zahl: der Stationen 0... 02 22 210 a 15 95 
2. Auf einer die Stadt einschliessenden Fläche von 
300 akm; 
Länge der Bahnlinien nkm. . 2......10 250 
Zahl der Stationen . . us, 40 180 
Wenn man beachtet, dass die Einwohnerzahlen beider Städte sich ungefähr 
wie 1:3 verhalten, so ergiebt sich der Vorsprung Londons in der Ausnutzbar- 
keit selbständiger Eisenbahnen für den Verkehr. Dagegen ragt Berlin in Be- 
zug auf Strassenbahnen hervor (vergl. EI). Der Abstand zweier Stationen 
beträgt auf der Berliner Stadtbahn 690—2260 m, auf der innern Ringbahn von 
London 300—1600 =; die spezifische Frequenz für 1 Jahr und Kilometer betrug 
bezw. 1 300 000 und 1700 000 Personen. In beiden Städten folgen sich 
die eigentlichen Lokalzüge in Zwischenräumen von 10 Minuten. In Berlin 
verkehren an Sonntagen auf den Stadtgleisen 352, auf den Ferngleisen 
130 Züge, dazu noch häufig Extrazüge. Auf der inneren Ringbahn Londons 
fahren: Ringzüge in 10 Min. Abstand, Züge über gewisse Theilstrecken 
des Ringes, Züge, welche einen Endpunkt ausserhalb der Ringbahn haben 
und nur einen Theil derselben befahren, Züge, welche Anfang und Ende auf 
Radiallinien haben und eine Strecke der Ringbahn als Durchfahrt benutzen. 
Das Ergebniss aller dieser Züge bildet eine ziemlich regelmässige Zugfolge 
in je 2—3 Min.) — 
Die äusserste Bequemlichkeit, an jeder beliebigen Stelle. einer Eisenbahn 
und zu jeder Zeit Beförderung zu finden, gewähren endlose Eisenbahnzüge, wie 
sie auf dem Pariser Ausstellungs-Platz und für die Newyorker Hochbahnen 
vorgeschlagen, noch eigenthümlicher in der sog. Stufenbahn von Rettich aus- 
gebildet sind.2) 
Im Interesse des städtischen Bauwesens sind bei selbständigen Eisenbahnen 
hauptsächlich folgende Punkte zu beachten: 
1. Vermeiden von Wegübergängen in Schienenhöhe, ausser bei schwach be- 
nutzten Lokalzweigen und Industriegleisen. Im Inneren einer Stadt somit 
Eisenbahnen auf Viadukten und Dämmen, in Einschnitten und Tunnels. 
Viadukte können um so eher verlangt werden, als die Räume unter ihren Bögen 
vortheilhaft zu vermiethen sind (London, Berlin), namentlich wenn sie von vorn 
herein zu diesem Zweck geeignet angelegt werden. Mit Rücksicht auf Stadt- 
erweiterung ist Gleiches auch in der noch unbebauten Umgebung zu wünschen. 
2. Verbesserung bestehender Eisenbahn-Zustände. Viele ältere Bahnhöfe 
sind allmählich umbaut, aber ihr grosser Flächenraum und ihre Lage im 
Niveau der Strassen hindern das Aufblühen getrennter Stadttheile. Daher ge- 
drungene Stationen über dem Niveau anzustreben (Hannover, Strassburg, Köln), 
eventuell Strassen unterführen oder überführen, mindestens Fusswege (Fuss- 
gänger-Tunnels in Karlsruhe). 
3. Vermeiden von Rauch, Lärm, Erschütterungen, unter welchen umliegende 
Wohnungen zu leiden haben, daher zweckmässige Einrichtungen an den Loko- 
motiven und an eisernen Brücken. 
4. Aesthetische Behandlung von Stadtbahnen: bei Brücken, Stützmauern, 
Bahnhöfen charakteristische und zur Umgebung passende Architektur (Berlin), 
bei Erdarbeiten möglichst freie landschaftliche Behandlung (Hamburg). Im 
ganzen Tracirung möglichst durch Strassen oder freies Gelände, nicht durch 
das Innere von Blöcken (ausser bei Industriegleisen, s. oben 3; 
5. Angemessene Vorschriften über Abstand zwischen Eisenbahnen und 
Häusern, mit Bezug auf die Gefahr der Entzündung durch Funken der Loko- 
motive. Eine gewisse Vermittelung unter den in den verschiedenen Staaten 
mannichfaltig abweichenden und unsystematischen Vorschriften bieten etwa 
folgende Regeln: 
1) Deutsche Bauzeitung 1889, 281. 5 
2) Zenträlblatt der Bauverwaltung 1889, 152, Deutsche Bauzeitung 1889, 609. 
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