Full text: Städtisches Strassenwesen und Städtereinigung (Abtheilung 3, 3. Heft)

  
10 Einleitung. 
der sozialen Gegensätze, für das sittliche Verhalten beider Theile, speziell auch 
für die Gesundheit der Armen durch reichlichern Luftraum, durch das Beispiel 
von Ordnung und Reinlichkeit, durch Uebung der Nächstenliebe. Berechtigt 
bleiben immerhin besondere Villen-Bezirke wegen des Zusammenhanges der Gärten, 
sowie geschlossene Arbeiterwohnungs-Gruppen bei zentralen Anlagen zur Speisung, 
Belehrung und Erholung; doch seien solche Gruppen niemals sehr gross und 
möglichst über die Stadt zerstreut. Der Vorschlag, innerhalb jedes einzelnen 
Grundstücks feine und geringe Wohnungen zu vermischen, geht jedenfalls 
zu weit; wohl aber wäre dies Vorgehen wünschenswerth innerhalb grosser 
Sammelwohnstätten und ausgedehnter Areale von Baugesellschaften, wobei 
natürlich berechtigte Annehmlichkeiten für die Wohlhabenden im allseitigen 
Interesse aufrecht zu halten wären. Hiernach mögen Strassenbreiten und Block- 
tiefen im Bebauungsplan gewählt werden. Wie weit etwa gesetzliche Vor- 
schriften aufzustellen seien, damit die Gemeinde Einfluss auf Beschaffenheit 
und Grösse der Wohnungen gewinne, bleibt der Zukunft vorbehalten. 
IH. Allgemeine Gesichtspunkte für Stadterweiterungen. 
1. Beschaffenheit des Geländes bedingt die Gebiete der Erweiterung. 
Allseitiges Ansetzen kommt bei vielen Städten vor, jedoch mit zeitweiligen 
Schwankungen nach Mode und Bedürfnis. Nach gewissen Richtungen ein- 
schränken können Bergabhänge (Stuttgart, Freiburg), fürstlicher Besitz (Karls- 
ruhe), Eisenbahnlinien (Darmstadt, Halle), Flüsse und Seen, wobei aber Vor- 
schieben des Ufers erwünscht sein kann, um werthvolles Baugelände oder Häfen- 
einrichtungen zu gewinnen (London, Mainz, Zürich). 
Behufs zweckmässiger Entwässerung ist auf passende Höhenlage des 
Erweiterungsgebietes zu sehen, bezw. Aufhöhung (Strassburg). In Szegedin ist 
letztere vorerst auf die Hauptstrassen beschränkt, Nebenstrassen noch unfertig 
und Häuser auf Hochkeller gestellt. Bei dem häufig bebauten Ueberschwemmungs- 
Gebiet in alten Städten handelt es sich zur Verbesserung um die Frage: Ein- 
deichen oder Aufhöhen? Ersteres ergiebt Absperrung des Verkehrs zwischen 
Land und Wasser, es sei denn, dass Schleusen und Kanäle ins Innere führen 
(Holland); letzteres kann meistens nur allmählig vorgenommen werden, schafft 
aber bessere Entwässerung (in Hamburg vollendet, in Köln beabsichtigt). Als 
Mittelweg dient ein Deich mit sehr flachem, baufähigem Abhang gegen die 
Landseite (Donauregulirung in Wien). 
Vermeiden von kostspieligen und schlechten Baugründen (Torf, Sumpfboden, 
Anschwemmungen), von Terrain mit hohem Grundwasserstand, welcher unbequem 
bei der Entwässerung ist, aber auch event. künstlich gesenkt werden kann. 
Ferner sind gesundheitsschädliche Stoffe im Boden und in Anschüttungen zu 
vermeiden, sowohl bei Strassen als bei Bauplätzen. Dazu gehören manche 
Abfallstoffe chemischer Fabriken, Kohlenschlacken bei starkem Schwefelgehalt, 
insbesondere aber fäulnissfähige organische Stoffe. Die Zersetzungsprodukte 
können theils durch Grundwasser theils gasförmig in Brunnen und Wohnungen 
gelangen, und das um so eher, wenn die Strassenfläche dicht befestigt ist. 
Daher unreiner Untergrund zu beseitigen oder gegen Keller mittelst Beton- 
schicht abzuschliessen, Bauschutt zu Auffüllungen vorsichtig zu sortiren, Ab- 
lagerung von Abfällen auf künftigem Baugelände zu verbieten. 
2. Uebersichtlichkeit für den Verkehr. Städtischer Verkehr ist 
zwar scheinbar verworren mit seinen zahllosen Ortsveränderungen von Personen 
und Gütern; doch sind, wie bei jeder Aufgabe des Transportwesens, zu beachten: 
a) die Kraft der Bewegung: Fussgänger, Reiter, Zugthiere auf Strassen 
und Eisenbahnen, Lokomotiven, Schiffe. 
b) der Zeit nach: anhaltende oder zu bestimmten Stunden vorüber gehende 
Ströme der Bewegung, mehr oder weniger gleichartige Geschwindigkeiten; bei 
starkem Verkehr ist zwischen Spaziergängern und Geschäftsgängern, zwischen 
Personen- und Güterfuhrwerk Absondernng zu wünschen. 
c) Die Richtungen des Verkehrs, besonders konzentrirt bei öffentlichen 
Gebäuden, Bahnhöfen, Fabrikbezirken, Märkten, Brücken, Thoren, ergeben Ströme, 
1) Quaianlagen .in Zürich, Deutsche Bauzeitung 1882, 295. 
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