Full text: Städtisches Strassenwesen und Städtereinigung (Abtheilung 3, 3. Heft)

  
  
  
  
  
  
  
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Allgemeine Grundzüge. 219 
gestattet, oft nur bei Kanalwasser, welches Exkremente planmässig ausschliesst, 
oder überhaupt nur nach vorhergehender Reinigung, wo dann event. ein Riesel- 
feld den nächsten Rezipienten bildet. Kleinere Bäche, Gewerbskanäle u. dgl., 
welche so viele Städte durchziehen, sind gewöhnlich schon zur Aufnahme von 
Abfallstoffen auf ungeregelte Weise benutzt, und dadurch vielfach in Kloaken 
der schlimmsten Art vorwandelt. Um sie zu reinigen und fernerhin ohne 
Nachtheil zur Aufnahme von Kanalwasser zu befähigen, kann man sie wohl 
innerhalb der Stadt zu Sammelkanälen ausbauen, vorausgesetzt, dass die Höhen- 
lage passt, und die etwaige offene Fortleitung ausserhalb unbedenklich ist 
(Karlsrube, Wien, Worms, Essen). Wo diese Bedingungen nicht erfüllt 
werden, ist es aber Aufgabe der Städtereinigung, jene Bäche von allen unreinen 
Zuflüssen zu befreien, und demnach in 
Fig. 42. der Regel durch parallel laufende Sammel- 
kanäle zu ersetzen (Brüssel, Stuttgart, Wies- 
baden, Basel, Wien!). Die gleiche Rein- 
haltung gebührt natürlich auch Teichen 
und schiffbaren Kanalhaltungen, welche 
ebenfalls vielerorts ais Rezipienten von 
Unrath benutzt worden sind und noch wer- 
den, aber als stehende Gewässer noch we- 
niger dazu geeignet sind als jene Bäche 
(Zierteiche in Düsseldorf, Schlossteich in 
Königsberg, offene Kanäle in Venedig und 
in holländischen Städten. Zuweilen mag 
ein solcher Kanal für Verkehrszwecke füg- 
lich zugeschüttet, bezw. durch einen unter- 
irdischen Abzugskanal (Hamburg), ersetzt 
werden. Wo man aber glaubt, das offene 
Gewässer weder als Schiffahrts- 
weg noch als Schmutzreservoir 
entbehren zu können, sollte we- 
nigstens für Auffrischung gesorgt 
werden. So leitet man mittelst 
künstlicher Schöpfwerkein Amster- 
dam und Haag frisches Wasser in 
die Grachten und das verunrei- 
@* nigte hinaus und erneuert dadurch 
täglich ein gewisses Volumen. 
Dasselbe kommt gegenwärtig in Amsterdam, einer Wasserschicht von 10 bis 
20 em Höhe auf der Gesammtfläche der Kanäle gleich, sollte aber gutachtlich 
bis zum vollen Inhalt derselben gesteigert werden, während die Anlage im 
Haag (geringere Verunreinigung) auf tägliche Erneuerung des halben Kanal- 
inhaltes eingerichtet ist.?) 
Im allgemeinen wird man suchen, die Auslässe einer Kanalisation so hoch 
zu legen, dass der freie Ablauf (die sogen. „Vorfluth“) bei allen Wasserständen 
des Rezipienten stattfinden kann. Damit ist nicht ausgeschlossen, dass die letzte 
Strecke des Auslasskanals stark fällt, um die Mündung meistentheils oder stets 
unter Wasser zu haben und den Augen zu entziehen. Diese letzte Strecke 
bleibt dann immer mit Wasser gefüllt, was jedoch die Wirksamkeit nicht 
hemmt. In München erfolgt der Auslauf des Kanalprofils nach Fig. 43 über, 
derjenige eines abgezweigten eisernen Rohrs aber unter dem niedersten 
Wasserstande des Flusses. Auf diese Art gelangen die eigentlich widerwärtigen 
Schmutzwasser unbemerkt in den Fluss, grössere Regenmengen aber offen und 
bleibt der Lufteintritt in das Kanalnetz gewahrt (vergl. D X). Selbstredend 
ist in geschiebeführenden Flüssen mit veränderlichem Bett die Möglichkeit 
  
  
1) Für die 3 erstgenannten Städte siehe unter Litteratur, für Basel Schweizerische Bau- 
zeitung 1887, II, S. 87, für Wien die Denkschrift des Stadtbauamts über die Wienfluss-Re- 
gulirung 1887. 
2) Amsterdam in der Zeitschrift für Bauwesen 1887, 609. Haag im Wochenblatt des Oester- 
reichischen Ingenieur- und Architekten-Vereins 1888, 118. 
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