Full text: Städtisches Strassenwesen und Städtereinigung (Abtheilung 3, 3. Heft)

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Berechnung der Kanäle. 253 
Im Zusammenhang mit diesen Thatsachen steht nun die Grundregel: 
Man bestimme die Kanalprofile so, dass die Maxima von Brauchwasser und 
Regenwasser (nach den Erwägungen in D II und III) zusammengenommen 
grade ganzer Füllung entsprechen. Es ist im allgemeinen überflüssig, einen 
Theil des Profils stets wasserfrei halten zu wollen. Dies wird zwar noch 
ziemlich oft gefordert, etwa dahin, dass die Maximal -Wassermenge das Profil 
nur bis zum Gewölbanfang fülle, namentlich beim Eiprofil, um „unvorhergesehenen“ 
Regenfällen Rechnung zu tragen, und die Ventilation niemals ganz zu unter- 
drücken. Aber derartige Wünsche werden auch durch die angeführte Grund- 
regel einigermassen befriedigt: Wenn nämlich bei anhaltendem Regen das 
Wasser allmählich steigt, so ist schon bei einem Füllungsgrade von 81, resp. 
86.%/, die geforderte Leistung erreicht. Es bleibt also ein wasserfreies Segment 
übrig und ist sogar noch ein Sicherheits-Ueberschuss von 6-8 0/, vorhanden, 
um welchen die Wassermenge „unvorhergesehen“ weiter steigen dürfte. Weiter 
hinaus müsste ein Anstau in den Einläufen zugelassen werden, aber gegen der- 
artige wirklich ungewöhnliche Ereignisse ist man auch dadurch nicht 
geschützt. dass man die Wassermenge knapp und dafür die normale Füllung 
nur bis zum Kämpfer annimmt. Augenscheinlich gewinnt man durch obige 
Grundregel, falls die maximale 
Fig. 72. Wassermenge sorgfältig erwo- 
gen ist, die Beruhigung, dass, die 
Kanäle rationell berechnet und thun- 
lichst eng werden, also billig aus- 
fallen und rein bleiben. 
Was aber die Untersuchung bei 
ungewöhnlichen Regenfällen be- 
trifft, so zeigt Fig. 72 schematisch den Zustand eines Kanalnetzes mit Anstau in 
seinen Einläufen. Für die Geschwindigkeiten in den einzelnen Strecken sind 
nun die Wasserspiegel-Gefälle massgebend, welche von den Sohlengefällen ab- 
weichen, in Summa dieselben übertreffen. Die Höhe des Wasserspiegels in 
jedem Einlauf hängt einerseits von dessen Entwässerungsgebiet ab, andererseits 
von der gegenseitigen Einwirkung aller anderen Einläufe mittelst Antrieb und 
Rückstau. Zugleich soll die Höhenlage der Wasserspiegel den Rücksichten 
auf Hausentwässerung und auf Innendruck gegen die Kanalwände Rechnung 
tragen (DIII). Aus diesen Bedingungen entsteht ein verwickeltes hydrau- 
lisches Problem, dessen Lösung wohl nur annähernd und unsicher gelingen 
wird. Wegen dieses Umstandes empfiehlt sich wiederum, die Berechnung der 
Kanal-Abmessungen auf eınen Zustand ohne Anstau zu beziehen, d. h. ganze 
Füllung bei reichlicher Annahme des Regen-Maximums. Ausgenommen von 
dieser Regel sind natürlich solche Kanäle, deren Höhe behufs Begehbarkeit 
gesteigert werden muss, sowie gewisse Strecken in der Nähe von Nothaus- 
lässen (D VII). 
Der in Fig. 72 dargestellte Zustand wird, wie schon angedeutet, besonders 
für Hansanschlüsse wichtig, in welchen nun ebenfalls ein künstliches Wasser- 
spiegel-Gefälle eintritt, abweichend von dem Sohlengefälle. Um daher gerade 
bei der stärksten Anspruchnahme durch heftige Regenfälle eine Hausentwässe- 
rung entwerfen und berechnen zu können, müsste die Höhe des Wasserspiegels ge- 
geben sein, welcher in der Strassenleitung vor dem Grundstück vorhanden ist, 
d. h. es müssten die Spiegelgefälle aller Strassenkanäle für einen bestimmten 
ungünstigen Fall rechnerisch festgestellt werden. Da aber schon die Grund- 
lage einer solchen Rechnung, der stärkste Regenfall, unsicher ist, so begnügt 
man sich entweder mit reichlich gewählten runden Höhenzahlen (wie sie in 
Berlin, für jedes Radialsystem konstant, den Hausbesitzern angegeben werden), 
oder überlässt die ganze Entwickelung der Divge dem Zufall.!) 
Die berechneten Lichtweiten eines Kanalnetzes werden gewöhnlich abge- 
rundet und abgestuft, so das Klassen entstehen, deren Weite etwa von 5 zu 
5em, bei Weiten über 0,5” aber von 10 zu 10 ® steigt. 
  
1) Vgl. Knauff, Gesundheits-Ingenieur Nr. 13. 
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