3023 Kanalisation.
zusammen zu veranschlagen sind. Gleichzeitig sind die Unbequemlichkeiten zu
berücksichtigen, welche durch das Trennungssystem dem Strassenverkehr auf-
erlegt werden und unter Umständen dessen Anwendung von vorn herein ver-
bieten, oder bei nur geringem Kostenunterschied widerrathen. Diese letztere
Rücksicht lässt sich leider nicht in Geld ausdrücken, daher der Vergleich nicht
für Jedermann überzeugend erledigen.
Thatsächlich aber hat sich aus diesen Gründen die Anwendung des
Trennungssystems auf Städte von mässiger Grösse, weiträumiger Bauart oder
in schmalen Thälern, bei starkem Bodengefälle beschränkt. In Amerika war
es zuerst Memphis, kanalisirt durch Waring+=dann folgten zahlreiche andere
Orte daselbst, unter Ableitung des Regens auf der Oberfläche. Ferner ein
kleiner Versuchsbezirk in Paris, wo für den Regen schon: vorhandene Kanäle
zu Gebote standen. Ein neues Trennungssystem steht in Karlsbad bevor,
nämlich das Regenwasser theils durch offene Rinnen, theils durch unterirdische
Kanäle auf kürzestem Wege in den durch die Stadt ziehenden Fluss Tepl, das
Brauchwasser aber durch ein nach dem Fächersystem angelegtes Netz ausserhalb
der Stadt in den grösseren Fluss Eger. In Potsdam ist das Trennungssystem
in einer Vorstadt eingerichtet und soll nun auf die ganze Stadt ausgedehnt
werden. Als Beispiel eines kleineren Ortes mag Steglitz bei Berlin, angeführt
werden, wo ein Entwurf von Knauff vorliegt. Bei 100 Einwohnern für 1 ha (offene
Bauweise), 70! Verbrauch für 1 Kopf und Tag und !/,. davon als Stunden-
maximum ergeben sich nur 0,16 sec. 1. Brauchwasser, während bei einem starken
Regenfall von 70 sec.1. etwa 1/, davon, also 17 sec. 1. zum unmittelbaren Abfluss
kommen müssten.. Bei einem solchen Verhältniss, wo der Regen das 100 fache
des Brauchwassers ausmacht, wird man, wenn die Voraussetzung besteht, dass die
Verhältnisse sich in der Zukunft nicht wesentlich ändern, die Kanalisation mit
Recht auf das letztere beschränken, um so mehr, als mangels eines geeigneten
Rezipienten künstlich gereinigt werden muss, während der Regenabfluss durch
Strassenrinnen in dem ländlichen Ort wohl nicht sehr belästigen wird.
Günstig macht sich ferner ein Trennungssystem da, wo die Auslässe oft
durch Hochwasser gesperrt sind und hierbei das Kanalnetz längere Zeit als
Reservoir dienen, daher auf möglichst geringe Wassermenge beschränkt werden
muss. Noch mehr ist dies in Ueberschwemmungs-Gebieten der Fall und dem-
nach in tief liegenden Theilen mancher Städte das Trennungssystem zur An-
wendung gekommen (D XI).
Wie schon im Eingang dieses angedeutet, kommen Uebergänge zwischen
dem streng separirten und dem kombinirten System vor, oder „Irennungs-
kanäle“, welche doch einen Theil des Regenwassers mit aufnehmen. Die
Motive dazu beruhen in der Entwässerung der Privat-Grundstücke. Diese liegen
zuweilen so tief, dass sich die Niederschläge nicht in die Strassenrinnen bringen
lassen, während doch auf Versickerung nicht gewartet werden soll, auch
namentlich bei häufigem Wechsel von Regen und Frost eine unterirdische
Ableitung Bedürfniss ist. Aber auch ohne diese Voraussetzung mag es richtig
sein, die gesammte Hausentwässerung so korrekt und vollständig wie bei kom-
binirten Kanälen zu vollziehen, aus hygienischen Gründen, namentlich wo auf
Kellerentwässerung Werth gelegt werden muss, ferner zur Bequemlichkeit der
Bewohner und zur besseren Spülung der Hauskanäle, während man sich auf
Strassen eher gewisse Unannehmlichkeiten gefallen lassen kann. In diesem
Sinne haben, schon lange vor Waring, mehrere englische Städte, z. B. Oxford
Windsor, Reading das Trennungssystem mehr oder weniger modifizirt einge-
führt.!) Neuerdings wird Göttingen nach diesem Prinzip behandelt: das
Regenwasser von den Höfen und »von der Hinterseite der Häuser gelangt in
die Brauchwasser-Kanäle, dasjenige von der Vorderseite in die Strassenrinnen.
Im weiteren ist die Möglichkeit zu erwähnen, in einer Stadt beide Methoden
der Kanalisation anzuwenden und zwar nicht blos so, dass man die einzelnen
Stadttheile von einander unabhängig und verschiedenartig behandelt,
sondern auch so, dass die beiden Methoden thatsächlich zusammen hängen.
!) Eigenthümlich ist die Stadt Chiswick behandelt. Unter jedem Strasseneinlauf befindet
sich eine Grube von etwa 3cbm, in welchem sich das Regenwasser von der Strasse sammelt, um
allmählich in den Boden zu versickern. Bei starkem und anhaltendem Regen tritt ein aus der
Grube in den Strassenkanal führender Ueberlauf in Wirksamkeit.
ne ni en hmm u PR EEE N ne AO IE