Full text: Städtisches Strassenwesen und Städtereinigung (Abtheilung 3, 3. Heft)

  
  
  
  
  
077 ee Tr Re SE - BERN 
Zwischenräume und Vorräume, 49 
Freitreppen und Lichtgräben vorzulegen. Wenn dies bei der grossen Breite 
dortiger Strassen unbedenklich sein mag, so erscheint es doch rechtlich wider- 
sinnig und ist jedenfalls bei uns mehr aus alter Bequemlichkeit als aus prak- 
tischer Nothwendigkeit herzuleiten. Korrekt wäre es vielmehr, den Gehweg 
für den Verkehr ganz frei zu lassen.t) Erst über einer gewissen Höhe (ver- 
schiedene Vorschriften schwanken zwischen 2 und 4m) sind bauliche Vor- 
sprünge unbedenklich, immerhin aber wegen Verdunkelung der Strasse nicht 
zu übertreiben. In dieser Beziehung hat man sich nach der Breite der Strasse 
zu richten, daher statt verwickelter Skalen von Abmessungen die einfache Regel 
zu empfehlen: Ueber der Höhe von 3m dürfen Bautheile bis auf !/,, der 
Strassenbreite, jedoch keinenfalls über die Gehwegbreite, vorspringen; ge- 
schlossene Erker dürfen im ganzen nicht mehr als !/, der baufähigen Front- 
länge des Grundstücks einnehmen. Wo sehr schmale Strassen vorkommen, 
mögen etwa auch Erker und Balkone ganz untersagt werden, so manchenorts 
bei Strassenbreiten unter 8—15 m, 
In umgekehrter Richtung ist die Behörde berechtigt, in beliebigen Strassen 
die Baulinie hinter die Strassenlinie zu legen. Dies geschieht namentlich, um 
Vorgärten zu gewinnen, welche ausser der in BIIl erwähnten Erleichterung der 
Anpflanzung von Baumreihen einen angenehmen Eindruck auf die Vorübergehen- 
den, mehr Luftraum und doch Ersparniss an Strassenbreite und Strassenkosten ge- 
währen (künftige Verbreiterung der Strasse bei etwa wachsendem Verkehr vor- 
behalten). Diese Vortheile für die Allgemeinheit bedeuten aber meistens Opfer für 
die Hausbesitzer; denn ein Geschäftshaus verliert durch Abrücken vom Verkehr 
und selbst bei Wohnhäusern werden die Unterhaltungskosten von Vorgärten 
selten durch entsprechenden Genuss aufgewogen. Lohnend für den Eigen- 
thümer werden sie erst bei einer solchen Tiefe, dass sie zum ungestörten 
Aufenthalt dienen können, d. h. bei mindesten 6m, wo möglich bis zu 10m, 
Letzteres Maass findet sich in Landhausstrassen von Hamburg, Dresden, Wies- 
baden, während sonst meisters geringere Tiefen, zwischen 3 und 6m, ge- 
wählt werden. Preussische und Braunschweigische Vorschrift „in der Regel 
3 m“; Bremen mindestens 1/, der Strassenbreite aber höchstens 6 m; Lübeck bei 
3 Strassenklassen bezw. 3, 5, 8m. An „Landstrassen* beträgt der gesetzliche 
Abstand zwischen Strassenkante und Haus zwischen 2 und 4m. Daher vor- 
sichtige Wahl der mit Vorgärten zu versehenden Strassen und der Tiefe der- 
selben! 
Aehnlich könnte nun auch ein geringerer Abstand zwischen Strassen- 
linie und Baulinie vorgeschrieben werden, z. B. an Nebenstrassen 0,2—0,5 m, 
an Hauptstrassen 0,5—1,5 @®, um durch vorspringende Bautheile ein kräftiges 
Relief der Häuserfronten herbei zu führen. Ein solches Opfer an Grundfläche 
würde im allgemeinen geringer sein, als dasjenige von Vorgärten, daher ohne 
Zweifel nnter demselben Rechtstitel wie letztere auferlegt werden dürfen, beides 
wesentlich aus ästhetischen Gründen. 
Zu baulicher Ausnutzung des fraglichen Streifens zwischen Strassenlinie 
und Baulinie sollte den Bauenden möglichst viel Freiheit gelassen werden, um 
die geforderte Dienstbarkeit einigermassen auszugleichen. Statt der mannich- 
faltigen Vorschriften, welche in Bauordnungen stehen, möchten folgende Grund- 
sätze zu empfehlen sein: Niedrige Vorbauten, als Terrassen, Rampen, Frei- 
treppen, Lichtgräben, auch Gartenlauben dürfen sich bis an die Strasse er- 
strecken; höher aufsteigende Risalite, Portale, Schaufenster, Veranden in 
schmalen Zwischenstreifen (unter 1,5 m Tiefe) ebenfalls bis an die Strasse, in 
breitern Vorgärten auf !1/, von deren Tiefe, höchstens jedoch um 3m vor die 
Bauflucht vorspringen, Vorbauten an den Obergeschossen als Balkone, Erker, 
: Vordächer, sowohl an der Hauptwand als an Risaliten um 1/;, des Abstandes 
von der gegenüber liegenden Banlinie.e An Länge ist umwandeten Vorsprüngen 
insgesammt 1/, der Frontlänge des Grundstücks zu gewähren, während offene 
Bautheile keine Beschränkung in dieser Richtung bedürfen. 
1) Offene Kellertreppen und Lichtgräben sind bereits überall hinter die Bauflucht ver- 
wiesen. Einzelne Kellerlöcher sollten dagegen im Fussweg erlaubt bleiben, da sie für den Ver- 
kehr gefahrlos überdeckt werden können und sehr bequem zum Beleuchten, Hinunterschaffen 
von Kohlen usw, sind. 
III. & 
EEE ETDN TEEN ET nt REES TEE 7 RR Fa a re NEE I 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.