254 Der Brückenbau.
schauung derjenigen Kreise, welche die Mittel zum Bau zu bewilligen haben,
den Techniker oft dazu, so vorzugehen. Für den Bau ist dann nur eine gewisse
Summe verfügbar und eine massive (gewölbte) Brücke lässt sich dafür nicht
herstellen. Rs muss also eine eiserne oder gar hölzerne gebaut werden, gleich-
viel was sie von Jahr zu Jahr für Unterhaltung erfordert, oder ob sie in nicht
ferner Zeit der Erneuerung bedarf.!)
Im volkswirthschaftlich richtigen Sinre ist die Brücke die billigste, be
welcher die Summe der Anlagekosten, der kapitalisirten en
kosten und eines Kapitals, welches, zur Zeit des Neubaues auf Zinseszins
angelegt, am Ende der Lebensdauer der Brücke wiederum den Neubaufond
hergeben würde, am geringsten wird.
Indem wir wegen der für eine solche Veranschlagung erforderlichen Einzel-
angaben auf die folgenden Abschnitte verweisen, beschränken wir uns hier auf
die Bemerkung, dass die „Lebensdauer“ der Holzhsucken ziemlich kurz, die-
jJenige tadellos ausgeführter massiver Brücken fast unbegrenzt,?) diejenige der
eisernen Brücken in der Mitte liegend und bis jetzt durch die Erfahrung wohl
noch nicht genügend festgestellt ist.3)
Im allgemeinen kann man noch sagen, dass die Verwendung des Holzes
zum Brückenbau im Abnehmen begriffen ist, weil das Holz seltener wird und
daher im Preise steigt. Die Verwendung des Holzes beschränkt sich mehr und
mehr auf diejenigen Zwecke, für welche es nicht leicht durch ein anderes
Material ersetzt werden kann.
In welchen Fällen eine feste, in welchen eine be wegliche Brücke oder
eine Fähre angelegt werden soll, ir ebenfalls eine Kostenfrage. Dieselbe =.
nur dann auf, wenn unter gegebenen Verhältnissen eine feste. Brücke theure
wird als eine bewegliche, einschlie [slich der kapitalisirten Betriebskosten. Anderen-
falls liegt Veranlassung, den Bau einer beweglichen Brücke in Erwägung zu
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ziehen, nicht vor. Wird eine feste Brücke theurer als eine bewegliche, so ist
zu untersuchen, ob der Verkehr gross genug ist, um die Mehrkosten für die
erstere Ausführungsart zu re echtfertigen.
Ein interessantes Beispiel für derartige Erwägungen, wenn auch unter ga
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ausnahmsweisen Verhältnissen, sind die Vorverhandlungen wegen einer am
Tower in London zu erbauenden Themse-Brücke.t)
B. Gewölbte Brücken.
I. Theoretische Bestimmung der Form und Stärke der Gewölbe
und Pfeiler.
a. Seilpolygon und Seilkurve.,
Bei der theoretischen Behandlung der gewölbten Bögen kann man von dem
Seilpolygon oder der Seilkurve ausgehen. Sie stellt einen Zug von Kräften
dar, welche einem System bestimmter, in einer Ebene wirkender Kräfte das
Gleichgewicht halten.
Die Seiten des Seilpolygons (Tangenten der Seilkurve) geben die Richtung
der Resultanten der auf die einzelnen Gewölbequerschnitte (Fugen) wirkenden
äusseren Kräfte. Die Schnittpunkte dieser Richtungslinien mit den zugehörenden
Fugen sind die Angriffspunkte der Resultanten. Verbindet man diese Angriffs-
1) Bei der schiefen Chaussee-Ueberführung bei Eekernförde kam eine massive Ausführung
zu Stande, weil die Chaussee-Verwaltung die Unterbrechung der Chaussirung durch den Bohlen-
belag der in Aussicht genommenen Eisenkonstruktion nicht gestatten wollte. (D. Bztg. 1883
8.152.)
2) Man denke an die aus der Römerzeit noch erhaltenen Brücken (Pont du Gard usw.).
3) Stiehl nimmtan, dass sich die Dauer der Holzbrücken zu der der eisernen und massiven
etwa verhält, wie Jahrzehnt zu Jahrhundert, zu Jahrtausend. Die Unterhaltungskosten stehen
in einem fallenden Verhältniss. Die massiven Zement-Bruchstein-Brücken sind (nach St.) in
den Anlagekosten unerheblich theurer als Holzbrücken und 15 bis 30%), billiger als eiserne
Brücken. (D. Bztg. 1881 S. 208.)
4) Centr. d. B. 1882. S. 400.
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