283 Der Brückenbau.
Bei einer Chaussee-Unterführung der Moselbahn (Chaussee von Trier nach
Ruwer am rechten Moselufer, nahe der Pfalzeler Brücke) führten die Verhält-
nisse des Bauwerks, unter Berücksichtigung des aktiven Erddrucks, theoretisch
fast genau auf den Halbkreis.
Brücken mit Halbkreisgewölben sind bis zu einer Spannweite von 55,17 m!)
ausgeführt.
Am häufigsten findet der Kreisbogen, wie nach dem vorstehend Ent-
wickelten zu erwarten, als Segment Anwendung.?) : Die grösste bis jetzt bei
Segmentbögen vorkommende Spannweite ist 60,49 m.3)
Als die flachste Segmentbogen-Brücke ist noch immer die Loing-Brücke in
Nemours mit einem Pfeilverhältniss von !/,, (nach Becker en nach E.H. Hoff
mann sogar l/;;) zu nennen, bei etwa 16m Spannweite. In Deutschland ist
man bisher über 1/,, (Neckar-Brücke bei Cannstatt, Weisseritz-Brücke in Dresden)
nicht wesentlich hinaus gegangen, bei Spannweiten von 18 bis 20 m,
Je grösser die Spannweite ist, um so kühner erscheint das flache Pfeil-
verhältniss.. Daher empfiehlt Becker:
bei Gewölben bis 10m Weite nicht unter 1/»,
” ” von 10—20 = ” ” ” /10%
” ” ” 20— 30 m ” ” ” 8
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zu gehen. Bei hinreichender Konstruktionshöhe ist das Pfeilverhältniss !/, für
Segmentbögen besonders vortheilhaft und ökonomisch.
Bei einzelnen Brücken sind Spitzbögen angewendet (Aquadukt bei Spoleto®);
Aquadukt bei Lissabon; bei einzelnen französischen und bei spanischen Brücken).
Sie sind nur gerechtfertigt, wenn ihre Scheitel bleibende Einzellasten tragen,
z. B. Thore oder Pfeiler einer zweiten Bogenstellung (Viadukt von Point du jour
in der Pariser Gürtelbahn. (A. d. p. et ch.) Die Spitzbögen sind hier aussen nicht
sichtbar).
c. Parabel.
Manche (z. B. Bauer°)) empfehlen die Parabel als Wölblinie. Für die Aus-
führung mag sie etwas bequemer sein, als die Ellipse. Der Stützlinie wird sie
sich indessen schlechter anschliessen, wenigstens wenn man nicht den wagrechten
Erddruck berücksichtigt. Um die quadratische Parabel wirklich zur Stützlinie
zu machen, muss bekanntlich die reduzirte Belastung (einschl. Eigengewicht
des Bogens) für die Längeneinheit der Horizontalprojektion über die ganze
Oeffnung gleich sein®).
d. Korbbogen.
Eine für die Ausführung bequeme Kurvenart, mit welcher man sich der
theoretisch richtigen, nach der Stützlinie gebildeten Gewölbetorm beliebig genau
anschliessen kann, und die deshalb mit Recht vielfach angewendet wird, ist der
aus stetig in einander übergehenden Kreisbögen zusammengesetzte Korbbogen”).
Heinzerling®) empfiehlt, bei gedrückten Korbbögen die Halbmesser, Fig. 34,
1) Die Ballochamyle -Brücke hat diese Spannweite. Ihre Scheitelstärke beträgt 1,37 m.
(Handb. d. Ing -Wiss. II. 1. 8. 89. Fig. Taf. 7.)
2) Den grössten Segmentbogen hatte die im 14. Jahrhundert zerstörte Adda-Brücke bei
Trezzo (765m Spannweite bei etwa 1/3 Pfeil. Schwarz).
®) Cabin-John-Brücke bei Washington. Scheitelst. 1,31 m, Pfeilverhältn. 0,267. (Handb. d.
Ing.-Wiss. II. 1. 8. 89.)
4) 76,8m grösste Höhe bei nur 5,07m Breite, jedoch bei weitem nicht so kühn, wie er
bisher abgebildet wurde. Man sehe die der Wahrheit entsprechende Abbildung im Centr.-Bl.
d. B. 1881, S. 109.
5) Z. f. Bauk. 1879. 8.55 u. in selbständigen Schriften.!
6) Heinr. Haase (vergl. S. 271) findet für wagrecht überschüttete Gewölbe eine Parabel
höherer Ordnung als Stützlinie und passt derselben die Gewö!beform an. Den wagrechten
Erddruck berücksichtigt er wohl bei der Berechnung der Widerlager, aber nicht bei der des
ewölbes. Da er bis zu einer gewissen Höhe hintermauert, mag dies praktisch nicht unzulässig
sein. Die parabolischen Brücken der Pegnitz-Thalbahn, welche er im Jhrg. 1884 der A. B. Z.
mittheilt, können als gut durchgeführte Gewölbebauten gelten. :
?) Für die Berechtigung des Korbbogens tritt L. Dyrssen ein. D. Bztg. 1891. S. 467:
Aufsatz mit der Ueberschrift: „Ist der flache Korbbogen in statischer und ästhetischer
Hinsicht zu verwerfen ?‘“ :
8) A. B. Z. 1872, Theorie, Konstruktion und statische Berechnung der Brückengewölbe.