II. Convergenzerscheinungen asiatischer
Eulotiden und europäischer Heliciden verschie-
dener Genera.
(Tafel I, Fig. 20—45 b.)
Schon die Wahl der Namen wie Xerocathaica, Campylocathaica etc. im
vorigen Abschnitt sollte andeuten, dass es sich hier um Aehnlichkeit mit den
bekannten europäischen Gattungen handelt. Dass diese Aehnlichkeit nicht auf
Blutsverwandtschaft beruht, braucht kaum noch erwähnt zu werden, die Cathaiken
gehören zu den Eulotiden und zu Pilsbry’s „Belogona Euadenia‘“ die Euro-
päer alle zu den „Belogona Siphonadenia‘“‘, die sich durch den Bau ihrer
Geschlechtsorgane durchaus unterscheiden. Die, meist zur Ermittelung der
wahren Verwandtschaft sehr brauchbaren, durch die äusseren Einflüsse der
Lebensweise wenig. beeinflussten und innerlich versteckt gelegenen Geschlechts-
organe sind hier für die genetische Trennung massgebend. Die äusserliche
Schale unterliegt unzweifelhaft sehr diesen Einflüssen und wiederholt in ganz
verschiedenen Gruppen dieselben Gestaltungsmöglichkeiten, so erinnere ich
nur an die thurmförmigen, früher meist alle Bulimus genannten Gehäuseformen
ganz verschiedener Landschnecken. Hier liegt mir daran, an einem Beispiele
zu zeigen, dass selbst sehr feine Schaleneigenthümlichkeiten convergent
erworben werden können und zwar ohne dass hier irgendwie Mimicry im
Spiele wäre. Die wildeste Variabilität herrscht da, wo sich irgend eine Gruppe
ein neues Wohn- resp. Lebensgebiet erschliesst, so ahmen die Nayadiden,
nachdem sie Süsswasserformen geworden sind, fast alle Schlossformen der
Zweischaler nach, die längst bei den marinen Formen stabil geworden sind.
Aehnliches geschieht, wenn ein Formenkreis sich in einem neuen Gebiete
ausbreitet, ohne den Platz durch schon angepasste Concurrenten besetzt zu
finden. Gewissermassen nicht mehr eingeengt, wird er plastisch und probirt
alle nur möglichen Variationen durch, bis schliesslich bei genügender Aus-
breitung wieder ein Gleichgewichtszustand eintritt. Im ersten Falle haben wir
die entschieden selteneren, variablen unscharf begrenzten Arten vor uns; im
letzteren die häufigen, scheinbar constanten Linneschen Arten. Die nahe-
liegendsten Variationsmöglichkeiten bei den Cathaiken sind: mehr oder weniger
dicke Schale, geringere oder beträchtlichere Grösse, flache oder höhere Gehäuse-
form, engerer oder weiterer Nabel, runde oder gekielte Umgänge, glatte und
gestreifte Schale und das Auftreten der Bänder. Die Wiege von Cathaica liegt
wohl im chinesischen Lössgebiet und hier entwickelte sie sich auch am eigen-
artigsten weiter. Xerophile Lebensweise bedingte die an Xerophila (= Helicella)
erinnernden Xerocathaiken, montane die an Campylaea (= Helicigona) erinnern-
den Campylocathaiken und andere uns noch ganz unverständliche Umstände
bewirkten andere Convergenzen, doch ziehen sich wie ein rother Faden der
Verwandtschaft allerlei feine Schalenmerkmale, wie z. B. die Neigung zur
Bildung des Cathaica-Zähnchens, durch dieses ganze Formengewirre hindurch.
Einige Abbildungen werden besser als ein langer Text das Gesagte erläutern und
sollen derartige, durch Convergenz in ganz verschiedenen Entwicklungsgebieten