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untern Teile der Instrumente sich ungleich erwärmen
u. infolgedessen ihre genaue Gestalt verlieren würden.
Der Westflügel des Meridianbaues wird im N. und
S. von zwei mit Drehkuppeln versehenen Türmen
begrenzt, die sich bis zur Höhe von 20 m erheben. In
dem südlichen Turm ist aufgestellt ein sechszölliger
Bahnsucher (s. d.), in dem nördlichen ein Altagzimut |
(Abbildung, s. d.) mit einem Fernrobr von 13,6 cm
Öffnung und 1,5 m Brennweite. Beide Instrumente,
von Repsold erbaut, ruhen auf sehr starken, vom
übrigen Gebäude völlig getrennten Pfeilern. Diese
verjüngen sich nach oben, sind im Innern bis auf ra-
diale Versteifungen hohl und werden zum Schutz ge-
gen Wärmeänderungen, die leicht merkliche Schwan-
kungen der 16 m hohen Pfeiler verursachen könnten,
von einem Hohlzylinder aus Backsteinen eingeschlos-
sen. Um diesen windet sich dann die Wendeltreppe,
die von der äußern Turmwand getragen wird. Die
beiden drehbaren Kuppeln haben einen Durchmesser
von 5,5 m; die südliche ist ganz ähnlich der des Re-
fraktorbaues, die nördliche dagegen ist, weil das ex- |
zentrisch angebrachte Fernrohr des unter ihr be- |
findlichen Altazimuts einen besonders großen Spalt |
erfordert, durch einen senkrecht durch ihren Scheitel |
gelegten Schnitt in zwei gleiche Hälften geteilt , die |
sich durch einen Bewegungsmechanismus bis zum
Abstand von 2,5 m voneinander entfernen lassen. Die
Galerien und Terrassen, welche die beiden Kuppeln |
umgeben, können ebenfalls mit Wasser berieselt |
werden.
Im Garten der Sternwarte sind noch 4 Mürenhäus-
chen errichtet, die Meridianmarken für den Meridian-
kreis und das Altazimut enthalten. -Die Miren be-
stehen aus kreisrunden Öffnungen von 1,75 mm Durch-
messer, diein geschwärzten Diaphragmen ausgebohrt
sind und durch eine elektrische Glühlampe erleuchtet
werden, so daß sie im Fernrohr des Meridiankreises
oder Altazimuts wie ein Stern erscheinen. Ferner ist
noch im Garten unter einer kleinen Kuppel ein klei-
nes Fraunhofersches Heliometer aufgestellt. Der Re-
fraktorbau und der Meridianbau sind unter sich und
mit dem Beamtenwohnhaus durch gedeckte Gänge
verbunden.
Fig. 1 der Tafel II zeigt die größte und neueste
Sternwarte Frankreichs auf dem Berge Mont-Gros
bei Nizza, 372 m ü.M., eine Stiftung des Parisers
Bischoffsheim. Das Hauptinstrument ist ein großes
Aquatorial von 75 em Öffnung und 18 m 'Brenn-
weite. Die riesige, ca. 95,000 kg schwere Kuppel von |
22 m Durchmesser, die dasselbe überdeckt, hat von
Eiffel eine. eigenartige Konstruktion erhalten. Sie
ruht nicht, wie sonst üblich, mit Rollen auf dem |
Unterbau, sondern endigt in einem 1,5 m tiefen und |
95 cm breiten Schwimmer, der in einen nur wenig
größern, mit einer schwer frierenden Flüssigkeit
(Wasser mit Glyzerin) gefüllten Tank eintaucht. In- |
folge dieser Einrichtung läßt sich die Kuppel trotz |
. Ihres großen Gewichts sehr leicht drehen, zu einer |
vollen Umdrehung bedarf ein Mann nur 8 Minuten.
Ferner besitzt die Sternwarte noch ein Äquatorial |
von 38 cm Öffnung und 7 m Brennweite, ein Equa- |
torial coude, einen großen Meridiankreis von 20 cm
Offnung und 3,2 m Brennweite, transportable Pas- |
sageninstrumente, photographische Fernrohre, Spek-
tralapparate und eine Reihe kleinerer Instrumente.
Die Sternwarte gehört überhaupt zu den am voll-
kommensten eingerichteten der. N euzeit und genießt
Erläuterung der Tafeln ‚Sternwarten I—IIT.
außerdem den Vorzug einer vortrefflichen Lage. Eine
Zweigstation derselben ist auf dem Mont Mounier
(2800 m) in den Seealpen errichtet.
Fig. 2 der Tafel II zeigt eine Abbildung der Lick-
Sternwarte auf dem Mount Hamilton in Kalifornien
(1283 m ü. M.), ein Vermächtnis des Amerikaners
Lick. Das Hauptinstrument ist der Riesenrefraktor
mit einem Objektiv von Clark von 91,5 em Öffnung
und 17 m Brennweite, von Warner und Swasey er-
baut, bis zur. Errichtung des 40zölligen Yerkes Re-
fraktor in Williamsbay bei Chicago das größte astro-
nomische Fernrohr, mit dem seit seiner Aufstellung
(1888) eine große Reihe wichtiger Entdeckungen ge-
macht sind. Dasselbe dient sowohl zu Okularbeob-
achtungen als auch zu photographischen Aufnahmen,
in welchem Fall eine dritte Linse aus Crownglas
vor das Objektiv gesetzt wird. Auf diese Weise sind
die ersten vortrefflichen Mondphotographien erhal-
ten worden, von denen die Tafel Mond zwei zeigt.
Außerdem kann mit dem Fernrohr auch ein großes
Spektroskop verbunden werden. Da die Länge des
photographischen Fernrohrs etwa 15 m, in Verbin-
dung mit dem Spektroskop aber 19 m beträgt, so
konnten die sonst gebräuchlichen, auf Schienen lau-
fenden Beobachtungsbühnen nicht zur Verwendung
kommen, vielmehr wird ein Teil des Kuppelfußbodens
mit einem Durchmesser von 18 m mittels hydrauli-
scher Pressen durch 5 m auf und nieder bewegt, so
daß der Beobachter in jeder Stellung des Fernrohrs
bequem das Okular erreichen kann. Der ganze Raum
wird bedeckt von einer 23 m hohen Kuppel mit einem
Gewicht von 90,000 kg, die durch Wasserkraft ge-
dreht werden kann. Außerdem besitzt die Sternwarte
noch ein 12zölliges und ein 6zölliges Äquatorial, einen
6!/ezölligen Meridiankreis, einen dreifüßigen Reflek-
tor und verschiedene kleinere Instrumente.
Tafel III gibt eine Abbildung des Astrophysika-
lischen Observatoriums auf dem Telegraphenberg
bei Potsdam. Das Hauptgebäude besteht aus dem
Nordflügel, dessen Längsachse in die Mittagslinie
fällt, und an den nördlich der Wasserturm mit der
Haupteingangshalle stößt, während sich auf der Mit-
tagsseite der Südflügel mit dem Hauptbeobachtungs-
turm quer vorlegt; in den Verlängerungen des Süd-
flügels führen Verbindungshallen nach den auf der
Ost- und Westseite gelegenen kleinern Beobachtungs-
türmen. Im Hauptgeschoß des Nordflügels befinden
sich die Bureau- und Arbeitsräume, und auf dem fla-
chen Dach erhebt sich ein Glashaus für photogra-
phische Arbeiten. Über der Haupteingangshalle be-
findet sich im Wasserturm das Druckbecken der Was-
serversorgung und darüber ein mit flachem, begeh-
barem Dach versehenes Zimmer für meteorologische
Beobachtungen. Der Hauptbeobachtungsturm in
der Mitte des Südflügels enthält den Refraktor von
29,8 cm Offnung und 5,4 m Brennweite, dessen Ob-
jektiv von Schröder, Montierung von Repsold gelie-
fert ist. In direkter Verbindung mit dem Refraktor
befindet sich ein großer Spektrograph (Abbildung und
Beschreibungs. Tafel Astrophysikalische Instrumente ).
DerRefraktoristaufeinemvon den Umfassun gsmauern
des Turmes isolierten Gewölbe aufgestellt, in dem sich
im Hauptgeschoß ein runder Kuppelsaal befindet.
| Am Hauptturm ist noch eine auf der Südseite vor-
springende Bauanlage für den Heliographen ange-
bracht. Der letztere ist auf einem Festpfeiler schräg
aufgestellt, so daß das nach unten gekehrte Objektiv