274 III. Abschnitt. Die Theorie der Störungen.
An den Formen 4), 6 ) und 8 ) ist es das bemerkenswertheste,
dass die Zeit nur in periodischer Form auftritt und dass sämmtliche
Winkel lineare Functionen der Zeit werden. Es wird damit bewiesen,
dass jedes Glied, sofern es nicht überhaupt constant ist, in gleichen
Zeitintervallen seinen Werth wieder erlangt und sein Verlauf am besten
durch eine regelmässige Wellenlinie wiedergegeben ist. Unser Planeten
system schwingt also um einen Gleichgewichtszustand in der regel-
mässigsten Weise, nur dass der Einzelschwingungen unzählig viele
sind und deren Perioden und Grössen die grösste Mannigfaltigkeit
zeigen. Es giebt keinen Anfangszustand, aus welchem es in der Ver
gangenheit allmälig sich entwickelt hätte und es giebt keinen End
zustand, welchem es in der Zukunft zustrebte.
Eigentlich ist es kaum nöthig, zu erwähnen, dass dies nur inso
fern Geltung haben kann, als man alle Einflüsse ausschliesst, welche
nicht durch die allgemeine Schwere bedingt sind. In der That finden
aber solche statt, weipi auch die Zeitdauer der Beobachtung zu gering
ist, um mehr als die leisesten Spuren derselben zu erkennen. Es ist
nicht schwer, ihre Wirkung zu analysiren; jedoch ist hier von ihnen ganz
Abstand genommen worden, weil nur die Bewegungen untersucht werden
sollten, wie sie aus dem Newton’ sehen Gravitationsgesetz entspringen.
Jedoch auch unter dieser Beschränkung steht die Thatsache der
ewigen Stabilität unseres Planetensystems noch lange nicht auf der
Höhe einer durch vollständig strenge mathematische Deduction abge
leiteten Gewissheit. Es ist niemals versäumt worden, die Vernach
lässigungen in der Integration der Differentialgleichungen ausdrück-
lichst hervorzuheben und bis jetzt hat noch Niemand bewiesen, dass
die allgemeine Form der Ausdrücke mehr bedeutet, als eine für viele
Jahrtausende gütige Annäherung, welche allerdings so bedeutend ist,
dass sie fast allen Beobachtungen genau entspricht, sofern man nur
die eingeführten Integrationsconstanten zweckmässig bestimmt.
Im Gegentheil muss ein Umstand, welcher immer und immer
wieder sich geltend macht, vor einem zu frühen Triumph warnen.
Derselbe besteht in dem Auftreten jener Nenner, welche durch die
Integration der Glieder von der Form (a t -\- ß) hervorgerufen
werden. Die geschicktesten Astronomen und Mathematiker haben
demselben ihre Sorgfalt zugewendet, aber trotz des grossen Scharf
sinnes der in § 36 ausgeführten Untersuchungen von Laplace ist er
durchaus noch nicht genügend analysirt. Man weiss ja allerdings,
dass für unser Planetensystem dieser Nenner nur dann sehr gross