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uales, bei dem die sanfteren und edleren Regungen niedrig
im Preise stehen, eine so schwarze That zuzutrauen. Rach
Reusch, dessen Ansicht 124 ) selbstredend auch nur als Hypothese
zuzulassen ist, hätte man anzunehmen, daß der zum Vollzugs
kommissar des Spruches ausersehene Kardinal die peinliche
Angelegenheit in einer für den ihm befreundeten Galilei we
nigst unangenehmen Weise zur Erledigung bringen wollte.
Er lud also diesen zu sich und bestellte auch noch den Notar
und einige zur Zeugschast auserwählte Männer, nahm aber
den Akt der Bekanntgabe der päpstlichen Sentenz ohne Ge
pränge und Feierlichkeit vor; Galilei, der sicher schon wußte,
daß alle seine Anstrengungen vergeblich gewesen seien, und
daß es sich für ihn bloß darum handle, mit möglichst guter
Art davonzukommen, hütete sich, irgendwie eine doch nutzlose
Einsprache zu erheben, und so konnte die Prozedur in wenigen
Minuten abgemacht sein. Bellarmin war so einerseits seinen
Auftraggebern und andererseits dem von ihm persönlich ge
schätzten Gelehrten gegenüber gedeckt; er hatte die Jntimierung
vor Notar und Zeugen und mit dem erwarteten Erfolge
bewerkstelligt und er hatte doch wiederum mit Takt und welt
männischem Anstande gehandelt. Darum durste er auch, wenn
nun von Florenz ans um ein Zeugnis nachgesucht ward,
dieses in einer für Galilei nicht verletzenden Form aus
stellen, und sein Gewissen, wenn dem genialen Vertreter der
jesuitischen Weltanschauung dieses wirklich beschwerlich gefallen
sein sollte, ließ sich beschwichtigen, da ja in Wahrheit an
formelle Abschwörung und Auferlegung von Bußübungen nie
mals gedacht worden war.
So die andere, dem humanen Empfinden zweifellos zu
sagendere Art der Aufklärung einer geschichtlichen Zwiespältig
keit, welche für Galilei so verhängnisvoll werden sollte.
Denn, wie auch Bellarmins Absicht gewesen sein möge, ihren
eigentlichen Zweck erreichte sie nicht. Galilei war von der
gefürchteten Inquisition sehr zan angefaßt worden, so zart,