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eingesetzt werden konnte. Die Art und Weise, wie Galilei
im „Saggiatore" sich einer Entscheidung über das wahre
Weltsystem dadurch entzieht, daß er das ptolemäische, tycho-
nische und copernicanische gleichmäßig verwirft, ließ ja freilich
des Autors wahre Meinung deutlich genug hervortreten, allein
darauf den Erlaß eines Verbotes des Buches zu begründen,
war doch keine leichte Sache. Daß man in den intim-gegne
rischen Kreisen auf ein solches Verbot hinarbeitete, und daß
es ohne das Eingreifen des Heller denkenden Theatinergenerales
P. Guevara vielleicht auch zu einem solchen gekommen wäre,
ersehen wir aus einem Briese m ) jenes Guidncci, dessen Gegen
schrift gegen Grassis ersten Traktat^") eben Galilei selbst
inspiriert hatte. Zuvörderst mußten die Zionswächter in Rone
von ihrem Plane abstehen, zumal da inzwischen auch ein
politisches Ereignis eingetreten war, welches alle gegnerischen
Absichten ein für allemal vereiteln zu wollen schien. Aber daran
ist nicht zu zweifeln, daß die Gesellschaft Jesu, welche sich
bereits in ihrem Mitgliedc Scheinet', und nicht ohne Grund,
durch Galilei beleidigt fühlte, einen neuen Einschnitt in das
Kerbholz des letzteren machte. Er war nunmehr mit dem
mächtigsten aller Orden aus den Tod verfeindet.
Das Ereignis, von welchem wir soeben sprachen, war der
Regierungsantritt eines neuen Trägers der Tiara. Am
6. August 1623 bestieg, als Urban vm., der bisherige Kar
dinal Maffeo Barberini, den Thron des H. Petrus, ein Regent
von ungezügelter Herrschsucht und ausgeprägt despotischem
Charakter'-"), aber Galilei bisher sehr wohlgesinnt und über
haupt ein Mann von wissenschaftlicher Bildung 132 ), von dem
zu erwarten stand, daß er sich über etwaige Streitfragen nicht
nur durch einen Konsultor unterrichten lassen, sondern darüber
ein unabhängiges Urteil zu gewinnen bestrebt sein werde.
Mit Galilei hatte Barberini mehrfach Briese gewechselt, auch
die Widmung ihm zugesandter Schriften beifällig angenommen.
So glaubten denn, wie insbesondere Stellutis Mitteilungen^")