Full text: Sphaera

* 
XV. Mittelalterliche Astronomie und neuere Forschung. 451 
legentlich kritik- und sorglos aus der lateinischen Übersetzung des 
Abu Masar, aber auch aus Scaliger und Grotius. Bayers wildes Zu 
sammenraffen aller möglichen Namen, darunter einer Menge solcher, 
die niemals Sternbildern gegolten haben, hat schon Ideler, Sternnamen 
S. LXXI gekennzeichnet. Wem des Grotius Notae ad imagines und 
Scaligers Manilius bekannt sind, der kann so ziemlich die ganze Masse 
von Bayers falschen Sternbildnamen sehr einfach auf ihre Quellen 
zurückführen. Von den Namen, die scheinbar aus der Sphaera bar- 
barica stammen, sind lediglich durch Mifsverständnis aus Grotius 
(p. 54) geholt die Bezeichnungen MOc und Deferens psalterium statt 
Lyra; aus Scaligers türkischer Planisphäre (p. 484 der Ausg. von 1600) 
stammen die Bezeichnungen des Serpentarius als Grus und Ciconia. 
Besonders komisch sind die angeblichen Bezeichnungen der Kassiopeia 
bei Bayer. Sie soll bei den Hebräern Aben Ezra geheifsen haben: 
diesen Nonsens und den gleichwertigen, dafs Juvenal sie Cathedra 
mollis nenne, hat schon Ideler S. 81 aus Scaliger a. a. 0. S. 477 er 
klärt. Ebendaher aber stammen auch die Namen canis und cerva. 
Der letztere frappierte mich zunächst wegen der e'Xaqpoc unserer Texte; 
woher freilich sollte Bayer gewufst haben, dafs diese e'Xaqpoc mit der 
Kassiopeia identisch sein soll? Scaliger p. 477 giebt die für Bayers 
unglaubliche Gedankenlosigkeit bezeichnende Lösung: Arabes . . non 
mulierem, sed canem cernuam in sedili pingunt; daraus dann canis 
vel cerva bei Bayer! Über das terebellum und das vexillum, die 
Bayer zum Schützen nennt, wurde kurz vorher gesprochen (S. 448). 
Aus der lateinischen Übersetzung des Abu Ma c sar stammen auch die 
Bezeichnungen des Draco als Coluber arborem conscendens (vgl. oben 
S. 103,5), der Virgo als ' Seclenidos de Darzama’ (s. Beilage 6). Bootes 
soll bei 'Avenezra’ canis latrans heifsen; dies stammt wieder aus 
Scaligers Manilius (p. 430 der Ausg. von 1655; in der von 1600 fehlt 
die Stelle). Nur auf die Quelle von Kepheus = Nereus, aXiöc yepwv, 
Senex aequoreus (vgl. oben S. 277) bin ich noch nicht gestofsen; ich 
möchte wetten, dafs es sich um eine von Bayer flüchtig gelesene An 
merkung von Scaliger oder Grotius handelt, in der zufällig Kepheus 
in der Nähe von Nereus genannt war. 
Nur Einer hätte im XVII. Jahrhundert Neues und Wertvolles zu 
dem Gegenstand mitteilen können, wenn nicht seine bedauerliche Un 
zuverlässigkeit ihn und uns auch hier um die Frucht seiner Studien 
gebracht hätte. Das ist der vielberufene Jesuit Athanasius Kircher 
(1602—1680). Er bringt im 2. Bande seines monströsen Werkes 'Oedipus 
Aegyptiacus’, das 1653 in Rom erschien, einen grofsen Abschnitt von 
29*
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.