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I. Teil. Die neuen Texte.
nun, der Verfasser der Zcpaipixd, folgt hierin durchweg, wie der Augen
schein zeigt, dem Gebrauch des Eudoxos.
Aber auch in einer Anzahl wesentlicher Einzelheiten folgen die
XqpaiptKa ihm und nicht dem Arat. Sogleich beim Widder: ßoppö-
0ev be öuvouciv dpxxoepuXaKoe Tröbec, voxöGev be xoü 0r|piou xö Xei-
TTÖgevov. Arat spricht beim Stier, wo wir nach dem Obigen die
entsprechenden Angaben suchen müssen, nur von der beginnenden Dysis
des Arktophylax, aber vom Tier gar nicht. Dagegen giebt uns ein wört
liches Zitat aus Eudoxos bei Hipparch p. 142, 8 die Quelle: '0 be
GuboHoc ypdcpei oüxuuc 'öxav 6 xpiöc avaxeXXp, xrnv pev Trpöc apKxouc
xoö apKxoqpuXaKOC oi Ttöbec buvouci, xujv be rrpöc vöxov xou Gppiou
xö Xoirröv’. Man sieht hier zugleich an dem "Oxav 6 vcpiöc ava-
xeXXrp dafs das oben für Eudoxos behauptete Prinzip an diesem zweiten
wörtlichen Zitat bei Hipparch sich wiederum bewährt. — Wörtlich
berührt sich Valens’ Quelle mit Eudoxos auch beim Krebs:
die nach Hipparch p. 178, 22 fast durchgängig in den cuvavaxoXai iiberein-
stimmten, sich in solcher Weise unterschieden hätten; aber ich finde davon
nirgends die geringste Andeutung. — Dafs ein Astronom wie Hipparch in seinem
polemischen Werk stets mehr von der Absicht, das richtige Neue an die Stelle
des Verkehrten zu setzen, als das Alte genau zu überliefern, geleitet war, ist
an sich ziemlich selbstverständlich. Es läfst sich am besten belegen aus dem
Unterschied, den Eudoxos und Arat zwischen den Anfängen der Zeichen gemacht
haben. Eudoxos hat die Jahrpunkte auf die Mitte der Zeichen oder Bilder, die
er vermutlich noch nicht scharf unterschied (vgl. Boeckh, Sonnenkreise S. 187
und 193 mit Berufung auf Delambre, Hist, de Tastron. anc. I, p. XLI), gelegt;
Arat dagegen ist insofern den meisten anderen alten Mathematikern (Hipp,
p. 132, 7) gefolgt, als er die Jahrpunkte vielmehr auf die Anfänge der Bilder
setzte (v. 534 sqq.; Hipp. p. 130 sqq.). Nun giebt sich aber Hipparch den An
schein, dafs Arat an diesen Unterschied auch bei seinen cuvavaxoXai gedacht
habe, und konstatiert, dafs die Angaben über die cuvavaxoXai, die doch Arat
dem Eudoxos nahezu alle getreulich entlehnte, gleichwohl besser zu der Eintei
lung der Ekliptik, die Arat ausspricht, passen als zu der des Eudoxos. Hipparch
erweckt so die Vorstellung, dafs Arat, trotz jener Differenz zAvischen ihm und
Eudoxos, dessen cuvavaxoXai mit Überlegung beibehalten habe, weil er eingesehen,
dafs die Wirklichkeit besser dazu stimme, wenn er seiner eigenen Theorie der
Jahrpunkte folge. Man müfste unter dieser Voraussetzung sich nur wundern,
dafs Hipparch den Arat meist gescholten, statt ihn für einen glücklichen Kunst
griff von so genialer Einfachheit gepriesen hat. In Wirklichkeit war Arat so
wenig Astronom, dafs er es gar nicht merkte, dafs er die cuvavaxoXai des Eudoxos
nicht einfach wiederholen durfte, wenn er doch mit ihm über die Anfänge der
Zeichen in Widerspruch war. Hipparch hat die Annahme, dafs Arat an die Auf
gänge der ersten Grade gedacht und überhaupt den Gegensatz zu Eudoxos
hierin in seiner Tragweite verstanden habe, lediglich deshalb nahe gelegt, weil
er unter dieser Voraussetzung für seine wesentlich auf bau ende Kritik ein weniger
windschiefes Fundament erhielt. — Dafs Hipparch nicht eben mit der Exaktheit
eines Historikers verfuhr, sondern sich nach Wunsch die Daten zurechtlegte,
'pour critiquer plus ä son aise les descriptions du Cnidien’, hat schon Tannery
Rech, sur l’hist. de l’astron. anc. p. 130 ausgesprochen.