Full text: Theorie der Mikrometer und der mikrometrischen Messungen am Himmel

138 Doppelbilclmikrometer. 
des sie erzeugenden Apparates oder seiner einzelnen Theile zu einander inner 
halb gewisser Grenzen variirt und gemessen werden kann. Bringt man nun die 
beiden Bilder soweit auseinander, dass der eine Rand des einen und der entgegen 
gesetzte Rand des anderen Bildes sich berühren, so ist der Abstand der Centren 
beider Bilder gleich dem in der Trennungsrichtung gemessenen Durchmesser. Das 
selbe gilt natürlich für die Ausmessung des scheinbaren Abstandes zweier Sterne, 
wenn die beiden Bilder eines jeden in der Richtung des die Sterne verbindenden 
Bogens gr. Kr. getrennt und das Bild a beziehungsweise a' des ersten Sternes 
und das Bild b' beziehungsweise b des zweiten Sterns zur Deckung gebracht 
werden. Zugleich lässt sich daraus die Lage des Bogens oder der Positions 
winkel bestimmen, wenn die Drehung des die Verdoppelung erzeugenden 
Apparates um die Fernrohrachse an einem Positionskreise abgelesen werden kann. 
Man erkennt sogleich die Vortheile, welche die Messung auf diesem Wege ge 
währt; indem man es nur mit Bildern zu thun hat, welche zur Coincidenz 
oder zur Berührung gebracht werden, fallen jene lästigen Beugungserscheinungen 
weg, ferner braucht das Auge nur auf eine und dieselbe Stelle im Gesichtsfeld 
gerichtet zu werden, und — was von wesentlicher Bedeutung ist — eine Be 
leuchtung des Gesichtsfeldes wird nicht erfordert. Diesen Vortheilen steht aller 
dings der Nachtheil gegenüber, dass durch die Verdoppelung des Bildes die 
Helligkeit auf die Hälfte reducirt wird. 
Das Verdienst, dieses für die Entwickelung der Mikrometrie ungemein 
wichtige Princip der Doppelbilder zuerst erkannt zu haben, muss dem Engländer 
Servington Savery zugesprochen werden, wenngleich seine in einer der Royal 
Society in London 1743 vorgelegten Abhandlung ausgesprochenen Ideen erst 
geraume Zeit später (1752) gewürdigt wurden, nachdem bereits der Franzose 
Bouguer unabhängig von ihm im Jahre 1748 der Pariser Akademie dieselben Ge 
danken vorgetragen und ihre Ausführbarkeit durch Beobachtungen nachgewiesen 
hatte. In beiden Fällen ging der Zweck auf eine genaue Bestimmung der Grösse 
des Sonnendurchmessers und der Veränderungen aus, die er beim Umlauf der Erde 
um die Sonne erleidet; auch wurde übereinstimmend die Verdoppelung des Sonnen 
bildes durch zwei Objective oder Objectivsegmente bewirkt, deren Achsen gegen 
einander geneigt waren. Während dieselben aber bei Savery in einer Röhre 
fest angebracht waren und der kleine Zwischenraum zwischen den beiden ent 
gegengesetzten Rändern der Sonnenbilder mittelst eines Fadenmikrometers be 
stimmt werden musste, machte Bouguer eine der beiden Linsen senkrecht zur 
Achse verschiebbar und benutzte ihre mittelst einer Schraube gemessene Ver 
stellung zur directen Bestimmung der gesuchten Variationen. Gleichwohl war 
die Benutzung des BouGUER’schen Instrumentes, welches nach seinem Vorschlag 
den Namen »Heliometer« erhielt, sehr beschränkt; denn da die Achsen der beiden 
Linsen und folglich auch die beiden Bilder nicht zur Coincidenz gebracht werden 
konnten, so konnte der Nullpunkt weder direct bestimmt noch eliminirt werden 
und auf die Ausmessung von kleinen Distanzen musste ganz verzichtet werden. 
Es war daher ein überaus glücklicher Gedanke von J. Dollond, an Stelle der 
zwei Objective ein einziges zu setzen, welches durch einen diametralen Schnitt 
in zwei Hälften zerlegt war, die längs der Schnittlinie gegeneinander verschoben 
und um die Rohrachse gedreht werden konnten. Dabei wurde das eigentliche 
Objectiv des Fernrohrs als ganzes beibehalten und die getheilte Linse, welche 
eine negative Brennweite erhielt, vor dasselbe gestellt; Dollond erreichte da 
durch, dass die Brennweite des ganzen Systems und damit auch das Verhältnis 
der linearen Verschiebung der Hälften zu dem correspondierenden Winkel
	        
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