Full text: Allgemeine Himmelskunde

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Von den wirklichen Bewegungen der Himmelskörper. 
Man nimmt alsdann den geahnten allgemeinen Satz als wirklich geltend, als 
Hypothese an, leitet daraus in richtiger Schlußfolge die Consequenzen ab 
und vergleicht mit diesen die bekannten und alle späteren Erfahrungen. 
Stimmen alle Erfahrungen mit der Hypothese überein, so wird dieselbe die 
gleiche überzeugende Kraft besitzen, als wenn sie als Endresultat auf dem oben 
angegebenen empirischen Wege gewonnen worden wäre. In der letzteren 
Weise ist man verfahren, um die Rotation der Erde außer Zweifel zu setzen: man 
nahm dieselbe als bestehend an und zog nun aus dieser Annahme die Folgerungen. 
Auf den Gedankengang, den man hierbei verfolgt hat, wollen wir vor 
bereiten, indem wir an einige einfache Thatsachen erinnern, die jeder gewiß 
schon vielfach erfahren hat. 
2. Schwungkraft oder Centrifugalkraft. Wenn eine Anzahl von 
Personen sich in einer Reihe aufstellt, sich dann anfaßt und nun in einem 
Kreise herumzuschwenken beginnt, so empfindet jede Person, mit Ausnahme 
der etwa in der Mitte stehenden, ein eigenthümliches Bestreben, sich von dem 
Mittelpunkte des durchlaufenen Kreises zu entfernen, und dem zu folgen sie 
dadurch entgegenwirken muß, daß sie die Hand des Nachbarn fester ergreift. 
Diese Kraft ist für jede Person um so größer’, je rascher die Bewegung ist; 
am größten ist sie für die äußerste Person, weil diese den größten Kreis zu 
durchlaufen, und sich darum am geschwindesten zu bewegen hat. Wenn sie 
Ylg 26 dieser Kraft folgt, indem sie die Hand des Nach 
barn losläßt, so wird sie stets von dem Mittelpunkte 
des durchlaufenen Kreises in gerader Richtung, und 
zwar in der Tangente des durchlaufenen Kreises, 
seitlich fortgeschleudert. Man nennt darum diese 
Kraft die Centrifugalkraft, d. h. die den Mit 
telpunkt fliehende Kraft, oder auch die Schwung 
kraft. Folgte ein Körper, der den Kreis E, Fig. 26, 
durchläuft, der Schwungkraft in den Punkten a, b, c 
seiner Bahn, so würde er in den Tangenten at, 
bt u. ct seine Bewegung fortsetzen. — Die Schwung 
kraft ist es, welche den mit den Fingern gehaltenen Faden spannt, an dem 
man einen Körper im Kreise herumschwingt, und sie kann bei sehr rascher 
Schwingung so groß werden, daß sie die Schnur zerreißt. — Versetzt man ein 
cylindrisches Gefäß mit Wasser in eine drehende Bewegung, so hört die Ober 
fläche des letzteren sogleich auf horizontal zu sein; sie bildet bald einen Trich 
ter, und bei genugsam gesteigerter Geschwindigkeit wird endlich alles Wasser 
hinausgeschleudert. — Streut man Sand auf eine Platte und setzt dann diese, 
anfangs langsam, in eine drehende Bewegung, so wird durch die Schwungkraft 
fast aller Sand von der Platte herabgeschleudert. Alle diese Thatsachen, von 
denen man sich durch einfache Versuche oder mit Hilfe einer Centrifugal- 
maschine leicht überzeugen kann, und die sich noch durch sehr zahlreiche an 
dere vermehren ließen, zeigen die Wirkung dieser Kraft.
	        
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