Full text: Allgemeine Himmelskunde

Von der Rotation der Erde. — Folgerungen. 
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sein. Für die Punkte der Erdoberfläche ist diese am größten unter dem Aequator, 
und sie nimmt von hier nach den Polen hin im Verhältnisse der Halbmesser 
der durchlaufenen Kreise stetig ab. Die Größe ihres Werthes läßt sich nach 
den Grundsätzen der Mechanik für jeden Punkt leicht berechnen, da die dazu 
nöthigen Stücke, nämlich die Größe der Parallelkreise und die Rotationszeit der 
Erde = 24 Std. bekannt sind. Für den Aequator beträgt sie z. B. V 290 der 
dort beobachteten Anziehungskraft. Dies ist freilich keine bedeutende Kraft, 
weil die Erde verhältnismäßig langsam rotirt. Erfolgte die Rotation in 1 /n 
der jetzigen Zeit, also in 24 /iv Std. = 1 7 /i 7 Std., so würde die Schwungkraft 
der Anziehungskraft gleich sein. Ein in die Höhe geworfener Körper würde 
dann nicht wieder zur Erde zurückfallen. 
Da die Schwungkraft alle Körper vom Mittelpunkte zu entfernen, die An 
ziehungskraft sie aber demselben zu nähern sucht, so wirken beide Kräfte ein 
ander entgegen. Allein wenn man auf die Richtung achtet, in der beide Kräfte 
wirken, so findet ein bei Bestimmung der Größe der jedem Punkte entsprechen 
den Anziehungskraft nicht zu übersehender Umstand statt. Beim Aequator 
wirken Zieh- und Fliehkraft in derselben Ebene, und wirken darum hier am 
stärksten einander entgegen. Nach den Polen zu wirken beide Kräfte unter 
einem Winkel, der um so größer wird, je größer die Entfernung vom Aequator 
3 o ist. Dies kann aus der nebenstehenden Fig. 32 
ersehen werden. In a, unter dem Aequator, 
wirken beide Kräfte in derselben Ebene, in 
h, c, d, e wirken sie unter den Winkeln m, 
n, 0 und p. Der Augenschein lehrt, daß diese 
Winkel vom Aequator zu den Polen hin von 
0 bis 90 0 wachsen. Wirkten Zieh- und Flieh 
kraft überall in derselben Ebene, und darum 
letztere mit ihrem ganzen Werthe jener ent 
gegen, so müßte offenbar, da die Fliehkraft 
wie die Halbmesser der durchlaufenen Kreise 
nach den Polen hin abnimmt, diese Vermin 
derung der Anziehungskraft in demselben Ver 
hältnisse erfolgen. Da indessen Flieh- und Ziehkraft nördlich und südlich vom 
Aequator unter einem Winkel einander entgegenwirken, so wird die letztere 
Kraft nur durch einen Theil der Fliehkraft geschwächt. Es geschieht darum 
die Verminderung der Anziehungskraft durch die Fliehkraft nach den Polen 
hin nicht im Verhältnisse der Halbmesser der Parallelkreise, sondern, da der 
wegen des genannten Winkels seitlich gehende Theil der Fliehkraft sich eben 
falls wie die Halbmesser der Parallelkreise verhält, im Verhältnisse der 
Quadratzahlen dieser Halbmesser. 
Das Gesagte wird genügen, um zu beweisen, daß es möglich ist, auf rein 
theoretischem V r ege den Werth der Anziehungskraft für jeden Punkt der Erde 
zu berechnen. Eine solche Berechnung ist ausgeführt worden, und wir theilen 
Wetzel, Himmelskunde. 7
	        
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