Von der Rotation der Erde. — Folgerungen.
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Pendels von B nach C oder won C nach B nennt man eine ganze Schwin
gung, während die Hälfte des bezeichneten Weges B B und D C eine halbe
Schwingung heißt.
Da Anziehungskraft und Beharrungsvermögen stetig wirkende Kräfte sind,
so müßte das Pendel eigentlich beständig in Bewegung verbleiben. Dies ist
indessen nicht der Fall, sondern die Schwingungen werden, da die Reibung des
Fadens in dem Aufhängepunkt A, sowie der Widerstand der Luft das Be
harrungsvermögen allmählich aufheben, fortwährend kleiner, bis endlich die
Anziehungskraft allein wirkend übrigbleibt: und die Kugel in der Richtung
AD zur Ruhe bringt. Je mehr man die Reibung in dem Aufhängungspunkte
und den Widerstand der Luft durch Wahl einer passenden Form (Linsenform)
des schwingenden Körpers vermindert, desto länger schwingt das Pendel.
3. Anwendung auf die Erde. Bei einem schwingenden Pendel sind
also zwei Kräfte wirksam, nämlich die Anziehungskraft der Erde und die
Schwungkraft des Pendels. Den ersten Anstoß zur Bewegung giebt die erstere
Kraft, und von dem Grade ihrer Stärke hängt die Geschwindigkeit ab, mit
welcher das Pendel seine Schwingungen vollendet. An einem bestimmten Punkte
der Erde hat die Anziehungskraft eine bestimmte Stärke, und man sieht leicht
ein, daß die Wirkung derselben auf Pendel von gleicher Länge eine gleiche
sein muß, daß also Pendel von gleicher Länge an einem und dem
selben Orte gleich schnell schwingen müssen. Da ferner an Oertern
von gleicher geographischen Breite und von gleicher Höhe über dem Meeres
spiegel, wegen gleicher Entfernung vom Erdmittelpunkte und gleicher Schwung
kraft, die Anziehungskraft gleich ist, so schwingt ein und dasselbe Pendel oder
schwingen gleich lange Pendel an diesen Oertern ebenfalls mit gleicher Ge
schwindigkeit. Für Pendel von verschiedener Länge ist dies nicht der Fall.
Die Erfahrung lehrt, daß an einem bestimmten Orte ein Pendel um so schneller
schwingt, je kürzer es ist, und daß umgekehrt die Schwingungsdauer um so
größer wird, je länger das Pendel ist. Die für das Pendel überhaupt geltenden
Gesetze sind von Galilei, einem italienischen Naturforscher, aufgestellt wor
den, der durch die Schwingungen einer Lampe im Dome zu Pisa zur Erfor
schung derselben angeregt worden sein soll.
4. Ein Pendelgesetz. Unter andern besteht zwischen der Zahl der in
einer gewissen Zeit gemachten Schwingungen und der Länge des Pendels ein
ganz bestimmtes Verhältnis. Pendel, die 4, 9, 16 ... mal so lang sind als
ein anderes, machen in derselben Zeit resp. 2, 3, 4 . .. mal so wenig Schwin
gungen als dieses. Jedenfalls besteht also zwischen der Länge und den
Schwingungsmengen der Pendel ein umgekehrtes Verhältnis. Die Zahlen 4,
9, 16..., welche dies Verhältnis der Längen der Pendel bezeichnen, sind die
Quadratzahlen*) der die entsprechenden Schwingungsmengen ausdrückenden Zah
*) Eine Quadratzahl ist eine Zahl, die man erhält, wenn man eine andere Zahl
mit sich selbst multiplicirt; so sind 25, 36, 49 die Quadratzahlen von resp. 5, 6 und 7.