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Von den wirklichen Bewegungen der Himmelskörper.
es würde aber auch der Fall sein, wenn sich die Sache umgekehrt verhielte
und die Erde die ruhende Sonne in einem Jahre umkreiste. Hierfür sprechen:
1. Das Massenverhältnis zwischen Sonne und Erde. Mit ziem
licher Sicherheit kann man die Entfernung beider Himmelskörper sowie ihr
Größenverhältnis bestimmen. Jener Abstand beträgt c. 20 mill. Min., und die
Sonne hat nach Buche 359551 mal so viel Masse als die Erde. Wo wir einen
Körper in Bewegung sehen, müssen wir eine derselben entsprechende, sie be
wirkende Kraft voraussetzen. Nun ist aber bekannt, daß in der Körperwelt
die Kraft, welche ein Körper ausübt (hier die Anziehungskraft), zunächst durch
die Masse bedingt ist. Bedenken wir nun das angegebene Massenverhältnis
zwischen Sonne und Erde, so ist es weit wahrscheinlicher, daß die kleine
Erde von der großen, mächtigen Sonne, als diese von jener abhängig ist, oder
daß der kleinere Körper sich um den größeren bewegt.
2. Die Bewegungen der Monde um ihren Hauptplaneten. Seit
dem im Anfänge des 17. Jahrhunderts das Fernrohr erfunden worden, hat man
häufig Gelegenheit gehabt, Erscheinungen an den Sternen zu beobachten, die
bis dahin den unbewaffneten Augen verborgen bleiben mußten, und diese neuen
Entdeckungen konnten nicht verfehlen, auf die Ansichten über die zwischen
den Sternen bestehenden Verhältnisse umgestaltend zu wirken. Die erste Ent
deckung durch das Fernrohr war die der Jupitermonde. Seit Galilei sie am
7. Januar 1610 geschaut und sich um den Hauptplaneten hatte schwingen
sehen, konnte ihn nichts mehr in der TJeberzeugung, daß die Erde sich um
die Sonne bewege, wankend machen. Ein noch schöneres Bild gewährt Saturn
mit seinen 8 ihn umkreisenden Monden, und Achnliches zeigen Uranus und
Neptun. Bei allen diesen Planeten sieht man die kleineren Monde um den
größeren Hauptplaneten sich bewegen. Diese Erfahrung läßt kaum noch an
der Bewegung der Erde um die Sonne zweifeln.
3. Die Aberration des Lichtes. Auch die Fixsterne legen Zeugnis
für die Bewegung der Erde um die Sonne ab. Wir werden nämlich später
noch sehen, wie fast alle Fixsterne im Laufe eines Jahres kleine Ellipsen be
schreiben, welche die Form der von der Erde um die Sonne beschriebenen Bahn
im kleinen darstellen. Diese von Bradlnj gemachte Entdeckung wird die Ab
erration des Lichtes genannt; seitdem dieselbe bekannt ist, ist die Bewe
gung der Erde um die Sonne zur Gewißheit geworden.
In dem Folgenden werden wir nun jselien, wie die bisher unerklärbaren
Erscheinungen sich einfach und ungezwungen deuten lassen.
II. Erklärung der Erscheinungen aus der Bewegung der Erde um die Sonne.
Die Sonne fesselt die Erde, wie alle Planeten, durch die wegen ihrer großen
Masse außerordentliche Anziehungskraft an sich, obwohl sie von ihr nicht
weniger als 20682440 geogr. Meilen entfernt ist. Dies ist in der Thai eine