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Topographie des Himmels.
noch vielen andern eine Gruppe bildenden grauen und schwarzen Flecken zu
sammen, die im ganzen unter einem Winkel von 270" erschienen. Wenn man
nun bedenkt , daß von der Erde aus eine Länge von 100 Min. auf der Sonne
unter einem Winkel von 1" erscheint, so bekommt man eine Vorstellung von
der ungeheuren Größe solcher Flecken. So hatte der obige einen Durchmesser
von nicht weniger als 27000 geogr. Min., oder er war ungefähr 15 mal so groß
als der Durchmesser der Erde, und seine Oberfläche betrug nicht weniger als
730 mill. Quadratmeilen. Tobias Mayer sah am 15. März 1758 einen andern
Flecken von 90" oder 9000 Min. Durchmesser, und der größte der in Fig. 85
dargestellten Flecken erschien unter einem Winkel von 100", was einen Durch
messer von 10000 geogr. Min. voraussetzt. Am 5. Septbr. 1850 sah Schwabe
in Dessau einen Flecken, der unter einem Winkel von 302" erschien, also einen
Durchmesser von 30200 Min. hatte und den Durchmesser der Erde um das
18-, die Oberfläche um das 77 fache übertraf.
8. Dauer der Sonnenflecken. Wie die Größe, ist auch die Dauer
der Sonnenflecken sehr verschieden; denn während einige oft in kurzer Zeit
entstehen und ebenso rasch verschwinden, so daß ihre Formänderung fast un
mittelbar im Fernrohre beobachtet werden kann, zeigen andere eine große Be
ständigkeit und lassen sich oft noch nach mehreren Monaten als dieselben
Flecken wiedererkennen. So blieb der große Fleck von 1779 während 6 Mo
nate sichtbar, und Schwabe konnte einen 1840 erschienenen Flecken während 8,
und eine Fleckengruppe im Jahre 1861 selbst während 18 Umläufe um die
Sonne verfolgen und beobachten; allein geringere Veränderungen gehen auch
mit diesen beständigeren Flecken unausgesetzt vor sich.
Es müssen überhaupt auf der uns sichtbaren Lichtoberfläche oder Photo-
Sphäre der Sonne ungeheure Veränderungen sich ereignen, und von der Größe
derselben kann man sich eine Vorstellung machen, wenn man erwägt, daß,
wenn ein Flecken, wie der von Herschel beobachtete, in 3 Wochen sich
schließen sollte, wie es doch geschieht, jeder Punkt der Lichtsphäre in 1 Sek.
einen Weg von 58 Min. machen müßte. Und dies sind noch nicht die größten
Geschwindigkeiten; denn jener von Schwabe am 5. Septbr. 1850 gesehene Flecken
hatte sich in einem Tage von 93" bis auf 302", also um 20900 Min. ver
größert.
Außer der absoluten Veränderlichkeit der Form der Sonnenflecken be
merkt man aber auch eine perspektivische. Es verharren nämlich die
Flecken nicht an derselben Stelle der Sonnenscheibe, sondern alle bewegen sich
ziemlich gleichmäßig vom östlichen zum westlichen Sonnenrande. Zeigen sie
hierbei in der Mitte eine mehr rundliche Form, so wird diese nach den Rän
dern zu in eine längliche verwandelt, wie es geschehen muß, wenn die Sonne
eine Kugel ist. Je mehr sich ein großer Flecken dem Sonnenrande nähert,
desto breiter erscheint ferner die dem Rande nächste graue Einfassung (Pe
numbra) des Kernflecks, während die dem Beobachter zugekehrte Seite dersel
ben mehr und mehr an Breite abnimmt. Zugleich wird auch der Kernfleck