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Topographie des Himmels.
des Wasserstoffes, 'zusammen, und auch andere Beobachter haben diese
Thatsache, namentlich die holle Linie hei C, als richtig bestätigt. Auch die
gelbe Linie bei D , I) 3 , fällt nach I)r. Tietjens genauen Beobachtungen mit
einer feinen dunklen Linie im Sonnenspectrum zusammen. Hiernach ist kaum
zu zweifeln, daß der wesentlichste Bestandtheil der Protuberanzen der leichte,
verbrennende Wasserstoff ist, der überhaupt auf der Sonne eine sehr weite
Verbreitung hat. Er scheint das Material für das der Sonne gegenwärtig noch
fehlende Wasser zu sein, das sie aber einmal erhalten wird, wenn sie sich in
genügendem Grade abgekühlt haben wird. Wasser dampf scheint sie jetzt
schon zu besitzen, da Secchi die demselben charakteristischen Linien bereits in
den Höfen der größeren Flecken und den diesen häufig folgenden kleineren
Flecken wiederholt gesehen hat.
Für die fernere spektrische Untersuchung der Umhüllung der Sonne ist
Janssens Entdeckung wichtig, daß man die Protuberanzen nicht nur bei totalen
Sonnenfinsternissen, sondern zu jeder Zeit beobachten und spektrisch unter
suchen kann, eine Entdeckung, die schon einige Zeit vor ihm der Engländer
Lockyer gemacht hatte, der sie am 26. Octbr. 1868 der Pariser Akademie mit
theilte. Seitdem wird der Sonnenrand fleißig beobachtet, namentlich vom Pater
Secchi in Rom, und es ist dadurch constatirt worden, daß Kirchhoffs Theorie
im allgemeinen als richtig anerkannt werden muß, wenngleich es noch fraglich
ist, wo eigentlich die Umkehr der hellen Linien in dunkle durch Absorption
erfolgt. Nach Secchi ist es eine Schicht unmittelbar über der Photosphäre der
Sonne, die unter einem Winkel von nur 2 — 3" erscheint, und welche die rosen-
rothe Region, in der stets die hellen Linien des Wasserstoffes sichtbar sind,
{Lockyer nennt sie Chrom 0 Sphäre), von der eigentlichen Sonnenoberfläche
trennt. In dieser schmalen Zwischenschicht verschwinden stets die feineren der
hellen Linien, und hier scheint die Gegend der Sonne zu sein, die ein conti-
nuirliches Spektrum giebt.
Noch wollen wir bemerken, daß die Beobachtungen ergeben haben, daß
die Protuberanzen sowohl ihren Ort, als auch ihre Dichtigkeit oft sehr schnell
ändern, während ihre chemische Beschaffenheit dieselbe zu bleiben scheint.
Auch die Sonnenflecken sind spektrisch untersucht worden, und Huggins
fand am 15. April 1868, daß in dem Spektrum derselben alle dunklen Fraim-
/¿o/erschen Linien vorhanden waren, sich aber breiter darstellten, was für
eine größere Verdichtung der Licht absorbirenden Schichten spricht. Secchi
hat in den Kernflecken -auch die rosigen Schleier gefunden, wie sie in den
Protuberanzen sichtbar sind, was für einen Zusammenhang zwischen den beiden
spricht.
17. Hypothesen über die physische Beschaffenheit der Sonne.
In dem Vorstehenden haben wir die wichtigsten Resultate zusammenzustellen
versucht, welche die fleißige Beobachtung der Sonne ergeben hat. Welche An
sichten über die Beschaffenheit der Sonne lassen sich darauf gründen? Vorweg
müssen wir erklären, daß bis jetzt noch keine Hypothese sich ganz allgemeiner