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Topographie des Himmels.
Gestalt perspektivisch ändern, antwortet Kirchhof, daß dies durchaus nicht von
allen Sonnenflecken gelte, und daß auch nach seiner Wolkentheorie bei
Sonnenflecken am Rande der Sonne die Flecken so erscheinen müßten, wie sie
wirklich beobachtet würden. Er sucht dies etwa folgendermaßen zu beweisen:
Man denke sich in Fig. So den größeren Flecken zur Linken als durch zwei
Wolken gebildet, durch eine dichtere untere, von der Größe und Gestalt des
Kernflecks, und eine lichtere obere, von der des größeren, ähnlich gestalteten
Hofes, welche letztere den Kernfleck durchscheinen läßt. Befindet sich nun das
Auge eines Beobachters senkrecht über beiden Wolken, was der Fall ist, wenn
ein Flecken in der Mitte der Sonnenscheibe erscheint, so wird die obere lichtere,
dem Beobachter nähere Wolke über ,die untere nach allen Seiten etwa gleich
weit übergreifen, und darum als Hof oder Penumbra den Kernfleck fast con-
centrisch umgeben. Bewegt sich dagegen der Flecken nach dem Rande der
Sonne, und werden deshalb die Gesichtslinien schief zu den Wolken, so wird
allmählich aus perspektivischen Gründen die Coneentricität beider Wolken auf
hören und endlich der dem Beobachter zugekehrte Rand der oberen Wolke
mit dem entsprechenden Rande der unteren optisch zusammenfallen, an dieser
Seite also der Hof verschwinden, während er an der entgegengesetzten Seite
noch sichtbar bleiben muß, da hier die obere Wolke die untere scheinbar über
ragt. Auf diese Weise entstehe die Täuschung, als ob der Flecken eine Ver
tiefung wäre.
Wenngleich nach der Kirchhoff sehen Wolkentheorie sich die Erscheinungen
gut erklären lassen, so wird man, um den Beobachtungen gerecht zu werden,
nicht umhin können, nach den bei mehreren Sonnenfinsternissen gesehenen
flammenartigen Protuberanzen, Gasströmungen vom Sonnenkörper aus anzu
nehmen, welche die unteren dichteren , mit Wolkenmassen erfüllten Theile der
Sonnenatmosphäre wie in Kratern durchbrechen und jene Massen zu den Seiten
anhäufen, ähnlich, wie wir bei Mittheilung der lferschel sehen Theorie gesehen
haben. Nach Janssens neuesten Entdeckungen ist ein Zusammenhang zwischen
Protuberanzen und Sonnenflecken jetzt nicht mehr zweifelhaft. Aber über solchen
Gasströmungen werden sich in den bedeutenden Höhen, zu welchen sie nach
den Beobachtungen emporsteigen, infolge der Abkühlung Wolkenmassen bilden
müssen, wie über den feuerspeienden Bergen der Erde bei Eruptionen — man denke
an die Pinie des Vesuvs — so daß so eine Vermittelung zwischen der Krater- und
Wolkentheorie herbeigeführt wird. Jedenfalls dürften die Sonnenfackeln durch
kraterähnliche Bildungen sich leichter als durch die ausschließliche Wolkentheorie
erklären lassen. Auch Secchi hat schon darauf aufmerksam gemacht, daß man
wahrscheinlich zwei Arten von Sonnenflecken werde unterscheiden müssen, die
sich als Wolkenbildungen, oder als Krater- mit Wolkenbildungen unterscheiden
lassen werden. Beide Arten von Flecken würden aber, zur Bestimmung der
Rotationszeit der Sonne benutzt, etwas verschiedene Resultate geben. Jeden
falls ist die Sache noch nicht abgeschlossen.
Schließlich wollen wir, um alle Ansichten zu hören, noch die des fran