Full text: Allgemeine Himmelskunde

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Topographie des Himmels. 
9. Durchgänge der Venus. Wie Merkur, geht auch Venus zur Zeit 
ihrer unteren Conjunction zuweilen vor der Sonnenscheibe vorüber, und dies 
kann ebenfalls nur geschehen, wenn der Planet in der genannten Conjunction 
sich in oder sehr nahe einem seiner Knoten befindet. Da die Neigung der 
Bahn der Venus zur Erdbahn kaum halb so groß ist (sie beträgt nur 3° 23' 
31",4), als die 7° betragende Neigung der Merkursbahn, und da außerdem 
Venus wegen größerer Nähe unter einem größeren Winkel (bis 65") erscheint 
als Merkur; so sollte man meinen, daß die Durchgänge der Venus häufiger sein 
müßten als die Merkurs. Dem ist jedoch nicht so; denn einmal macht die 
größere Dauer der synodischen Revolution (sie beträgt bei Venus 584, bei Mer 
kur nur 115 Tage), andererseits der Umstand, daß wegen größerer Nähe der 
Venus jener geringere Neigungswinkel ihrer Bahn unter einem größeren Ge 
sichtswinkel erscheint, die Venus-Durchgänge bedeutend seltener als die Merkurs. 
Wenn Venus weiter als 1° 49' von dem entsprechenden Knoten entfernt ist, 
so geht sie bereits über oder unter der Sonnenscheibe hin, ohne sich auf 
derselben zu projiciren. ln 1000 Jahren pflegt sich nur 16 mal ein Durch 
gang der Venus zu ereignen. Ein solches Ereignis ist ohne Fernrohr sichtbar, 
wenn man die Augen durch Blendgläser schützt. Man sieht dann den Planeten 
als ein schwarzes, vollkommen rundes Scheibchen von etwa 1' scheinbarem 
Durchmesser von links nach rechts oder von 0. nach W. über die Sonnenscheibe 
ziehen, und es kann das ganze Phänomen, wenn der Planet den Mittelpunkt 
der Sonnenscheibe passirt, etwa 7 Stdn. dauern. 
Da der aufsteigende Knoten der Venusbalm gegenwärtig eine Länge von 
75° 19' 52", der absteigende von 255° 19' 52" hat, ersterer daher etwa in 
der Mitte dos Zeichens der Zwillinge, letzterer in der Mitte des Zeichens des 
Schützen liegt; so können Venus-Durchgänge nur im Anfänge des Juni und 
des December sich ereignen, da die Sonne zu diesen Zeiten die angegebene 
Länge hat, und bis zum Jahre 3000 werden Juni und December die Zeiten der 
Venus-Durchgänge bleiben. Tn diesem Jahrhundert werden nur noch zwei Durch 
gänge stattfinden, nämlich 1874 den 9. December und 1882 den 6. December. 
Das dann folgende Jahrhundert wird gar kein solches Phänomen bringen, in 
dem erst im Jahre 2004 am 8. Juni sich wieder ein Durchgang ereignen wird. 
Die Differenz zwischen den beiden erstgenannten Daten von 7 Jahren 363 Tgn. 
ist für Venus insofern von Wichtigkeit, als sie nach derselben im allgemeinen 
wieder in dieselbe Lage zur Erde kommt. Nach etwa acht Jahren darf man 
also z. B. hoffen, Venus in ihrem größten Glanze auch in der zur Beobachtung 
günstigsten Jahreszeit zu sehen. 
10. Die Venus-Durchgänge ein Mittel, die Entfernung der Sonne 
zu bestimmen. Den Venus-Durchgängen wird von den Astronomen eine sehr 
große Aufmerksamkeit gewidmet, seitdem der englische Astronom Hallet) durch 
einen im Jahre 1677 auf St. Helena beobachteten Durchgang Merkurs in 
solchen Durchgängen ein vortreffliches Mittel erkannt hat, die Entfernung der 
Sonne von der Erde genau zu bestimmen. Vornehmlich eignen sich die Durch
	        
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